Spätestens seit den 1990er Jahren sind indigene Bewegungen weltweit zu einem politischen Akteur auf nationaler Ebene geworden. Auch in Lateinamerika fordern sie den Nationalstaat – in der Tradition der europäischen Aufklärung lange Zeit ethnisch homogen gedacht – mit dem Streben nach der Anerkennung und Achtung ethnischer Differenz heraus.
In der vorliegenden Studie zeigt der Autor auf, dass die Ursprünge der guatemaltekischen Maya-Bewegung entgegen der etablierten Forschungsmeinung bis in die ausgehenden 1970er Jahre zurückreichen. Basierend auf einem umfangreichen Studium archivalischer Quellen und Zeitzeugeninterviews wird dargestellt, dass indigene Politiker bereits eine Dekade vor dem Ende der Militärdiktaturen das Metanarrativ der guatemaltekischen Nation unterminierten. Der frühe movimiento maya grenzte sich in einem der blutigsten Bürgerkriege Lateinamerikas des 20. Jahrhunderts aber auch vor dem Anspruch der linksgerichteten Guerilla ab, die indigene Bevölkerung des zentralamerikanischen Landes zu repräsentieren.