In den beiden Postern "Zur Phylogenie der Polychaeta anhand von 18S rDNA Sequenzen" und "Travisia ist ein Scalibregmatidae, kein Opheliidae (Annelida, Polychaeta)" sowie den Artikeln "A contribution to sedentary polychaete phylogeny using 18S rDNA sequence data" und "New insights into polychaete phylogeny (Annelida) inferred from 18S rDNA sequences" wird, in Zusammenarbeit mit C. Bleidorn, N. Arnhold und T. Bartolomaeus, anhand von 18S rDNA Daten eine Rekonstruktion der Phylogenie bestimmter Polychaeten Taxa präsentiert. Dabei werden verschiedene Analysemethoden zum Einsatz gebracht.
In allen weiteren Teilen beschaeftigt sich die vorliegende Arbeit mit theoretischen und methodologischen Problemen und Aspekten der Phylogenetik. Dabei verfolge ich einerseits einen falsifikatorischen, andererseits einen semiotischen Ansatz.
In dem Beitrag "Testing and Weighting Characters" werden die Konzeption eines phylogenetischen Homologie- und eines Apomorphie-Konzepts entwickelt sowie zwei prinzipielle Falsifikationsmöglichkeiten phylogenetischer Untersuchungen beschrieben (Identitäts-Test und Kongruenz-Test). Mit dem Identitäts-Test wird innerhalb der Merkmalsanalyse der Schritt erkannt, aus dem erfolgreich getestete Apomorphie-Hypothesen einen empirischen Bewährungsgrad erhalten, d.h. ein entsprechendes Merkmalsgewicht für die kladistische Analyse. Es wird verdeutlicht, dass der Kongruenz-Test auf den Ergebnissen des Identitäts-Tests aufbaut.
Darauf aufbauend wird in "Weighting Indels as Phylogenetic Markers of 18S rDNA Sequences in Diptera and Strepsiptera" ein erstes differentielles Gewichtungsschema für nicht-protein-kodierende Sequenzdaten vorgestellt, bei dem Insertionen, Deletionen und Nukleotidsubstitutionen unterschiedlich gewichtet werden.
Der in "Testing and Weighting Characters" entwickelte Ansatz wird in dem Poster "Zur Logik des Gewichtens phylogenetischer Merkmale" und dem Artikel "Process Probabilities and the Weighting of Characters in Systematics: Following the falsificationist program of phylogenetic research" aufgegriffen und die Frage nach der Grundlage der Bemessung der Härte des Identitäts-Tests gestellt. Dabei stellt sich eine konzeptionelle Unterscheidung der Idee der Falsifikation und der der Bewährung als fruchtbar heraus.
Mit diesen Arbeiten ist eine geläufige Interpretation des Popperschen Falsifikationismus innerhalb der Phylogenetik korrigiert und die behauptete Forderung, Prozesswahrscheinlichkeiten dürfen in kladistischen Analysen nicht angewendet werden, sowie die Forderung, es dürfe nicht gewichtet werden, widerlegt worden.
In "Signs and Phylogeny: A Semiotic Approach to Systematics" wird ein semiotischer Ansatz verfolgt und versucht, die semiotische Erkenntnistheorie von C. S. Peirce im Rahmen der Phylogenetik anzuwenden und eventuelle Konsequenzen für bestimmte phylogenetische Konzepte und die phylogenetische Methodologie zu untersuchen. Auch bei diesem Ansatz lassen sich die zwei Kriterien Identität und Kongruenz herausarbeiten.
Abschließend bleibt festzuhalten, dass keine zwingenden Gründe gegen die Verwendung von Likelihood Verfahren in der kladistischen Analyse abgeleitet werden können.