Dass Menschen unterer sozialer Schichten ein höheres Risiko besitzen, leichter zu erkranken und zu sterben, gehört zu den am besten beforschten und belegten Gegenständen der Sozialepidemiologie. Nur wenige Arbeiten beschäftigen sich mit den Zielkriterien subjektive Gesundheit, psychische Befindlichkeit und der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Darüber hinaus erklären die in unteren sozialen Schichten häufiger vorkommenden Risikofaktoren nur relativ wenig am Krankheits- und Gesundheitsgeschehen.
Die hier vorgelegte Arbeit entwickelt ein Modell, das auf den Arbeiten von Günther Steinkamp und Olaf von dem Knesebeck aufbaut, in dem mittels multivariater Analyseverfahren (schrittweise Regressionsanalyse, LISREL) geprüft wird, ob und welche moderierenden psychosozialen Kontextfaktoren wie soziale Unterstützung, Kausalattributionen u. a. zum einen möglicherweise ungleich verteilt sind und zum anderen einen spezifischen Einfluss auf die psychische Befindlichkeit haben.
Der erste Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den theoretischen Hintergründen sozialer Ungleichheit, psychosozialen Kontextfaktoren sowie psychischer Befindlichkeit und gesundheitsbezogener Lebensqualität. Darüber hinaus werden zu jeder besprochenen Dimension Sozialstatusmaße sowie psychometrische Messinstrumente vorgestellt. Hier handelt es sich um Instrumente, die im empririschen Teil der Arbeit auch eingesetzt und geprüft wurden.
Im zweiten Teil wird literaturbasiert geprüft, welche Forschungserkenntnisse bisher zur Abhängigkeit von:
- sozialer Ungleichheit und Krankheit bzw. psychischer Befindlichkeit und gesundheitsbezogener Lebensqualität,
- sozialer Ungleichheit und psychosozialen Kontextfaktoren,
- psychosozialen Kontextfaktoren und psychischer Befindlichkeit und gesundheitsbezogener Lebensqualität,
- bzw. ob bereits umfassende theoretische bzw. empirische Resultate vorliegen, die alle drei Ebenen simultan untersucht haben, existieren.
Auf der Grundlage zweier großer Untersuchungen zu den Themen psychosoziale Befindlichkeit am Arbeitsplatz (n=4596) und zur gesundheitsbezogenen Lebensqualität chronisch kranker Menschen (n=746) wurde in Analogie der eben beschriebenen Abhängigkeitsannahmen zuerst mit Regressionsanalysen und dann mit Strukturgleichungsmodellen geprüft, ob und welche Beziehungen zwischen den Ebenen existieren und ob eine komplexe Prüfung aller Modellebenen zu interpretierbaren Ergebnissen führt.
Als übergreifendes Ergebnis kann festgehalten werden, dass es vor allem die psychosozialen Ressourcen sind, die in beiden Modellen sozial ungleich verteilt sind - dergestalt, dass es die unteren sozialen Schichten sind - hier gemessen an der Schulbildung -, die weniger psychosoziale Ressourcen berichten.
In einem Fazit werden aus den theoretischen und empirischen Ergebnissen Thesen abgeleitet, die Hinweise auf die sozialschichtspezifische Gesundheitsförderung sowie auf die Lehre und Forschung in den Gesundheitswissenschaften bieten.