Seit 1992 gibt es die Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen, die weltweit zur Entwicklung nationaler Klimaschutzprogramme geführt hat. Die vorliegende soziologische Arbeit zu Gesellschaft und anthropogenem Klimawandel verfolgt das Ziel, den Prozess der nationalen Verarbeitung eines globalen Umweltproblems am Beispiel des westafrikanischen Entwicklungslandes Senegal zu untersuchen. Dabei geht es darum, gesellschaftliche Krisenwahrnehmungen, Problemdefinitionen und deren Handlungsimplikationen im Prozess der Globalisierung zu untersuchen. Die Arbeit geht von der Annahme aus, dass sich die gesellschaftliche Wahrnehmung von Umweltveränderungen zunehmend als Globalisierungsprozess beschreiben lässt, in dem lokale Umweltkrisen und globale Umweltdiskurse in neuer Weise miteinander verknüpft werden. Die Untersuchung erstreckt sich dabei auf drei Ebenen: die lokale, die nationale und die internationale Ebene. Die Leithypothese lautet, dass globale Umweltdiskurse dazu tendieren, soziale Ungleichheiten und Abhängigkeitsverhältnisse zu überdecken und an deren Stelle eine vereinheitlichende Umweltrationalität zu setzen.
Die Arbeit stellt daher einen Beitrag zur sozialwissenschaftlichen Umwelt- und Globalisierungsforschung, insbesondere der "global environmental change"-Forschung dar. Sie zeigt, wie gegenwärtige lokale Umweltkrisen im Senegal im Prozess der nationalen Politikformulierung neu kontextualisiert werden und deren zukünftige Handlungsrelevanz im Rahmen der Klimaproblematik neu definiert wird. Lokale Probleme der Küstenerosion werden auf der nationalen Ebene herangezogen, um eine besondere Vulnerabilität des Senegals auch gegenüber einem zukünftigen, klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels sichtbar zu machen. Das im Zusammenhang mit der Holzkohleproduktion auftauchende Problem der Abholzung wird als schwindende Kapazität des Senegals gedeutet, durch Waldwuchs CO2 zu binden und damit den drohenden Klimawandel abzumildern. Die Diversität der Deutungsmuster und Handlungsstrategien, die die Bevölkerung auf der lokalen Ebene im Zusammenhang mit diesen Umweltkrisen entwickelt, wird im Prozess der Globalisierung auf einige wenige Deutungen und Strategien verengt. Globalisierung wird dabei im Sinne der neo-institutionalistischen "world polity"-Forschung verstanden, nämlich als weltweite Diffusion von umweltpolitischen Programmen und Verfahren der Entscheidungsfindung, von standardisierten wissenschaftlichen Methoden und Beobachtungskonventionen sowie von Problemrahmungen und Lösungsansätzen. Die Fallstudie zeigt aber auch, dass sich dieser Diffusionsprozess nicht ungebrochen von der globalen zur nationalen Ebene vollzieht, sondern dass sich in einem aktiven Aneignungsprozess auf der nationalen Ebene Rekontextualisierungen beobachten lassen, die das Verhältnis von Globalem und Lokalem neu ordnen und vielfach Hybridisierungen entstehen lassen.