Massenmedien operieren bei der Vermittlung wissenschaftlicher Inhalte und Erkenntnisse häufig mit der Verwendung metaphorischer Bezüge. Metaphern erfüllen neben einer kognitiven Funktion, wenn sie zum Beispiel der Veranschaulichung eines abstrakten Gegenstands oder Sachverhalts dienen, auch eine kommunikative Funktion, wenn sie sich in metaphorischen Szenarien konkretisieren und spezifischen antizipierten Adressatenvoraussetzungen angepasst werden. Damit ist der Rückgriff auf metaphorische Bezüge für die Wissenschaftsberichterstattung zunächst aus zwei Gründen interessant. Zum einen veranschaulichen sie die komplexen Zusammenhänge wissenschaftlicher Erkenntnisse, zum anderen lässt sich die Berichterstattung durch die Konstruktion metaphorischer Szenarios adressatengerecht "aufbereiten".
Im Rahmen dieser Arbeit wird untersucht, ob Metaphorisierung in der Berichterstattung der Printmedien noch eine weitere Funktion erfüllt: Journalisten sind bei ihrer Nachrichtenauswahl auf Selektionsentscheidungen angewiesen. Diese Selektionsentscheidungen treffen sie auf der Grundlage bestimmter Nachrichtenwerte, die den Ereignissen oder Nachrichten zugewiesen werden. Wissenschaftliche Nachrichten genügen in der Regel nicht den Anforderungen der Nachrichtenwerte, wie sie durch die Nachrichtenwert-Theorie definiert werden, sie spielen aber trotzdem eine zunehmend bedeutende Rolle in der Berichterstattung. Eine dieser Untersuchung zugrunde liegende Hypothese lautet, dass Metaphern neben den bereits erwähnten kognitiven und kommunikativen Funktionen eine weitere kommunikative Funktion zukommt: die Nachrichtenwerte der wissenschaftlichen Nachrichten zu erhöhen und damit die Relevanz der Nachricht für das Publikum zu konstruieren.
Hauptgegenstand dieser Untersuchung ist die Berichterstattung über das wissenschaftliche Problem "anthropogener Klimawandel", die empirische Grundlage bildet dabei die Berichterstattung des Spiegels von 1986 - 1995. Angesichts des in der Forschung wie in der gesamtgesellschaftlichen Diskussion "brisanten" Themas Klimawandel, dem damit verbundenen Bedrohungscharakter und der asymmetrischen Distribution einschlägigen Wissens ist es fruchtbar, die Strukturen der massenmedialen Berichterstattung zu wissenschaftlichen Problemen an diesem Fall zu analysieren und zu diskutieren. Der anthropogene Klimawandel erweist sich als interessanter Fall, weil die Wissenschaft hier besonders und besonders explizit von den Medien als autoritative Kraft anerkannt wird und den zentralen Bezugspunkt der massenmedialen Kommunikation zu der Klimaproblematik bildet. Neben einer Orientierung an der Medien- und Nachrichtenwert-Theorie steht dabei als spezifischer linguistischer Analyseaspekt die Rolle kognitiver Metaphernmodelle im Vordergrund.