In der vorliegenden Arbeit wurde das Phänomen von falschen Rekognitionen untersucht. Falsche Rekognitionen beschreiben das falsche Wiedererkennen eines nicht gelernten Stimulus. Rekognitionsleistungen sind z.B. auch von Bedeutung bei der Befragung von Augenzeugen. Hierbei können auch kleinere Fehler, die im normalen Alltag keine weitere Bedeutung haben, Konsequenzen haben. Dieser Arbeit liegen vier Hypothesen zugrunde. Hypothese I: Ein Stummfilm, welcher das wahre Leben widerspiegelt, ruft zuverlässig falsche Rekognitionen hervor. Hypothese II: Falsche Rekognitionen werden durch zwei unterschiedliche Ursachen provoziert. Hypothese III: Längere Reaktionszeiten deuten auf falsche Rekognitionen hin, während kürzere Reaktionszeiten auf richtige Rekognitionen hinweisen. Hypothese IV: Richtige und falsche Rekognitionen können durch ihre spezifischen neuronalen Aktivierungsmuster unterschieden werden. Das Stimulusmaterial besteht aus einem eigens für diese Arbeit produzierten Stummfilm, welcher alltägliche Handlungsabläufe zeigt. Aus diesem Lernstimulus wurden drei Gruppen von Bildern für den Rekognitionstest gewonnen. Originals umfasst Bilder, welche direkt aus den einzelnen Filmszenen entnommen wurden. Similars beinhaltet Bilder, welche zwar ähnlich zu den originals sind, aber nicht identisch. Outtakes zeigt Bilder von Szenenabschnitten, die aus dem ursprünglichen Film herausgeschnitten worden sind, deren Handlung allerdings stattgefunden haben muss. Die Probanden hatten die Aufgabe, bei jedem Bild per Knopfdruck mitzuteilen, ob ihnen das aktuelle Bild aus dem Film bekannt oder unbekannt war. Eine wichtige Neuerung bei dieser Arbeit war, dass die Probanden zu keiner Zeit während des Testdurchgangs beeinflusst wurden. Es wurde untersucht, wie gut - oder schlecht - das menschliche Gedächtnis beim Abruf eines komplexen visuellen Stimulus (Film) anhand von Hinweisreizen (Bilder) ist. Es wurden zwei Probandengruppen mit diesem Filmparadigma getestet. Die Verhaltensdaten zeigten, dass das Paradigma falsche Rekognitionen provozierte und zu der Untersuchung dieses Phänomens eingesetzt werden kann. Die meisten falschen Rekognitionen wurden durch die Gruppe outtakes provoziert, gefolgt von similars und originals. Des Weiteren stellte sich heraus, dass die beiden Gruppen mit unbekannten Rekognitionsstimuli, similars und outtakes, von den Probanden unterschiedlich behandelt wurden. Das Ergebnis, dass die Gruppe outtakes die meisten falschen Rekognitionen induzierte, weist darauf hin, dass mögliche Fälle von kognitiver Dissonanz durch Imagination der nicht wahrgenommenen Handlungsabschnitte verhindert wurden. Eine der Probandengruppen absolvierte den Rekognitionstest innerhalb eines Kernspintomographs. Hierbei wurde gezeigt, dass sich die drei Gruppen der Rekognitionsstimuli auch anhand der involvierten neuronalen Strukturen unterscheiden ließen. Entgegen früheren Ergebnissen zeigte sich hier, dass die Gruppe der originals mit kleineren und schwächeren Aktivierungen assoziiert war als die beiden Gruppen der ungelernten Stimuli. Die Gruppe der outtakes aktivierte die stärksten und weitesten neuronalen Netzwerke und unterstrich hiermit, dass diese Gruppe schwieriger war als die anderen beiden. Herausragende Bedeutung hatten vor allem Aktivierungen in frontalen und parietalen Hirnarealen. Der frontale Cortex war besonders in Rekognitionen von ungelerntem Material involviert, was sowohl auf verstärkte Überwachungsprozesse während des Antwortens hindeutet als auch auf einen erhöhten Schwierigkeitsgrad dieser Stimuli. Parietale Areale, vor allem retrosplenialer Cortex und posteriorer cingulärer Cortex, waren spezifisch für Bilder der Gruppe outtakes aktiviert und zeigten wiederum an, dass diese Bilder stärker mit dem tatsächlich gesehenen Film interferierten. Die größten und stärksten Aktivierungen wurden im Occipitallappen gefunden. Dieser Bereich wurde interpretiert hinsichtlich drei verschiedener miteinander verknüpfter Prozesse. Zum ersten ist diese Region stark assoziiert mit der Wahrnehmung und Verarbeitung von visuellem Material im Allgemeinen. Des Weiteren wird diese Region beim Abruf von visuellem Material reaktiviert. Der dritte Prozess wird speziell für die Stimuli der Gruppe outtakes angenommen und beinhaltet die Imaginationen von den nicht gesehenen Handlungssequenzen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass sich das Filmparadigma zur Untersuchung von falschen Rekognitionen als geeignet erwies. Da falsche Rekognitionen eine Form von falschen Erinnerungen darstellen, deuten diese Ergebnisse verstärkt auf Schwächen des menschlichen Gedächtnisses im Allgemeinen hin. Diese möglichen Fehler in Erinnerungen können insbesondere bei Augenzeugenberichten eine wichtige Bedeutung erlangen. Weitere Untersuchungen sind allerdings vonnöten, um nachzuweisen, wie leicht Erinnerungen verfälscht werden, ohne dass äußere Einflüsse auf die jeweilige Person einwirken.