Die Arbeit steht in der Tradition neukantianischer Pädagogik. Die Vorgehensweise ist im Sinne Hönigswalds und Cohns 'transzendental'; sie fragt nach den 'Bedingungen der Möglichkeit von ...'. Der Gegenstand der transzendentalen Frage ist die 'Epoche' als Kulturabschnitt, aktuell die 'Nachneuzeit'. Gefragt wird nach den Bedingungen der Möglichkeit von Bildung. Bildung wird mit Simmel als Prozess der Transformation objektiver in subjektive Kultur bestimmt. Objektive Kultur ist die Objektivierung menschlichen Geistes, subjektive Kultur wird repräsentiert über Individuen. Den Stoff der Bildung bilden Kulturgüter.
Bildung als Prozess wird finalisiert durch das Bildungssubjekt, das sich durch den Prozess selbst als 'Superjekt' konstituiert (Whitehead). Die Unvorhersehbarkeit des Prozessresultates wird auf das zurückgeführt, was bei Simmel als 'nicht zu vergesellschaftender Rest' in den Individuen erscheint. Die Frage nach der Formursache des Bildungsprozesses führt zur denknotwendig zu unterstellenden Form des Zusammenhanges der Bildungssubjekte: Gesellschaft. Die Analyse des ontologischen Status von Gesellschaft verweist diese in die Sphäre der Idealtranszendentalität. Strukturanalog zur Widerlegung des sogenannten ontologischen Gottesbeweises wird Gesellschaft ihrer sozialmetaphysischen Überhöhung entkleidet. Was bleibt, ist der reine formale Einheitsgedanke von Kultur. Mit Cohn, Wittgenstein und Simmel finden Werte als Kulturgefüge ihre Letztbegründung in Setzung, d.h. in unbegründeter Handlungsweise, die Machtakt ist. Der Anspruch auf Dauer der Wertsetzung führt zum pädagogischen Problem der Überlieferung. Wenn Kulturgüter die eigene Generation überdauern sollen, müssen sie intergenerationell über die Alt/Neu-Differenz (Meder) vermittelt werden. Deren Wertbezug steht unter den Bedingungen der Machtform; Überlieferung von Werten ist durch den Aktualitätsanspruch des Wertgeltungsrahmens motiviert.
Das kulturelle Selbstverständnis des Einzelnen wird mit dem Begriff des sozialen Deutungsmusters (Oevermann) in betont funktionalistischer Lesart ausgefaltet. Nach dieser färben sich Deutungsmuster dort ideologisch ein, wo sie der Apologie des jeweiligen kulturellen So-Seins dienen, das sich epochal als aktuell zu behaupten vermag. Somit bestimmt sich das kulturelle Selbstverständnis als der Hintergrund von Bildung.
Die Dialektik von kultureller Selbstlegitimation und Delegitimation der Geltungsalternativen konstituiert das kulturelle Selbstverständnis. Das Bewusstsein, dass Aktualität im eigenen Kulturstrang kontingent ist, führt dazu, den kulturellen Geltungsrahmen zeitlich als Epoche zu bestimmen, deren bestimmtes Selbstverständnis den Hintergrund von Bildung ausmacht. Eine jeweils aktuelle Epoche wird niemals durch ihr Vorher und ihr Nachher bestimmt, sondern durch bestimmte, genau zu beschreibende historische Rekurse des zu delegitimierenden Vorher und des relegitimierten Vorvorher. Sie zum Verständnis der Konstitution des kulturellen Selbstverständnisses aufzudecken, ist Aufgabe der rekursiven Hermeneutik.
In Anlehnung an Simone Weils Theorie von den zwei Göttern, die sich beide in ihrer Erscheinung gleichen können mit Ausnahme in dem Punkt, dass es den einen gibt und den anderen nicht, wird der ontologisch 'real' vermeinte Gesellschaftsbegriff im erkenntnistheoretischen wie im religiösen Sinne als 'Idol' (Götze) denunziert. Für eine kritisch-dogmatische Pädagogik ist unmittelbar evident, dass idolatrische Implikationen in der systematischen Pädagogik bewusst gemacht und aus der praktischen Pädagogik ausgeschlossen werden müssen. Die Entkleidung der Pädagogik von der Idolatrie des Sozialen führt die Pädagogik zu dem, worum es ihr letztlich gehen soll: das nicht über den Spiegel des Sozialen vermittelte konkrete Humane, das ein anarchistisches Moment ausmacht. Aber eben in dieser Letztheit findet sie auch ihre Grenze und damit ihre Kontur und ihren Sinn.