Ziel dieser Dissertation ist es - basierend auf dem Prävalenzansatz - die medizinischen Kosten der Bulimie in den USA zu schätzen und in einen globalen Kontext zu stellen. Zu diesem Zweck wurde eine eingehende Literaturrecherche bezüglich der globalen epidemiologischen Evidenz zur Bulimie vorgenommen sowie - anhand einer großen amerikanischen Krankenversicherungsdatenbank - eine gesundheitsökonomische Analyse der Behandlungskosten pro Patient. Die Ergebnisse dieser beiden Forschungsansätze wurden kombiniert, um die medizinischen Kosten der Bulimie in den USA zu projizieren. Implikationen für die klinische Praxis sowie zukünftiger Forschungsbedarf werden diskutiert.
In den 80er Jahren wurde in Erhebungen die Prävalenz der Bulimie unter Erwachsenen in westlichen Ländern auf 8 Prozent - 13 Prozent geschätzt, während nach jüngsten Studien diese nur ungefähr 1 Prozent beträgt, vermutlich bedingt durch die strengeren diagnostischen Kriterien. Des Weiteren sind auch nicht westlich orientierte Länder von dieser Krankheit betroffen, wie eine begrenzte Anzahl von Studien belegt. Sehr limitierte Evidenz existiert derzeit bezüglich der Lebenszeitprävalenz, die auf mindestens 2 Prozent bei Frauen in westlichen Ländern geschätzt werden kann. Bezüglich der Inzidenz können keine verlässlichen Aussagen getroffen werden, da es zu wenige gut geplante Studien gibt.
Bei amerikanischen Patienten mit privater, vom Arbeitgeber gesponsorter Krankenversicherung wurden die jährlichen leistungsbezogenen Gesamtkosten im Jahre 2002 - einschließlich ambulanter, hospitärer und medikamentöser Behandlung der Bulimie und ihrer Komplikationen und Komorbiditäten - auf $3.577 pro Patient geschätzt. Davon waren $1.865 direkt der ambulanten und hospitären Therapie der Bulimie zurechenbar. Von den Gesamtkosten entfielen 42 Prozent auf die medikamentöse, 25 Prozent auf die ambulante und 33 Prozent auf die stationäre Therapie. Mit Hilfe eines multivariaten Regressionsmodells wurde ermittelt, dass Alter und Komorbidität einen signifikanten Einfluss auf die Höhe der täglichen Kosten haben mit einem Kostenanstieg um 1,0 Prozent pro zusätzlichem Altersjahr und 1,6 Prozent mit jeder weiteren Diagnose. Bei Patienten mit Krankenversicherungen, die ganz oder teilweise über Kopfpauschalen abrechnen, wurden die Gesamtkosten auf der Grundlange von leistungsäquivalenten Kosten auf $4.238 pro Patient pro Jahr geschätzt, von denen $2.113 direkt der Bulimie zurechenbar waren.
Die Anzahl amerikanischer Erwachsener, die im Jahre 2002 an Bulimie litten, wurde auf 0,5 bis 1,0 Millionen geschätzt und die jährlichen Behandlungskosten für Patienten mit privater Krankenversicherung auf $1,7 Milliarden, von denen $0,9 Milliarden direkt der Bulimie zurechenbar waren. Die Gesamtkosten könnten jedoch bis auf $3,5 Milliarden ansteigen, wenn alle Betroffenen, unabhängig von ihrem Krankenversicherungsstatus, diagnostiziert und therapiert würden. Da jedoch die meisten Betroffenen in den USA nicht behandelt werden, ist dieser Schätzwert eher ein Indiz für potentielle zukünftige Kosten. Weiterer Forschungsbedarf besteht derzeit bezüglich der Identifikation von Therapiebarrieren sowie Strategien zu deren Bewältigung. Des Weiteren müssten die für die Behandlung der Bulimie verfügbaren Ressourcen ermittelt werden, um den ungedeckten Bedarf bestimmen zu können. Schließlich sind Langzeitstudien erforderlich, die Aussagen über den Verlauf der Epidemiologie der Bulimie ermöglichen.