Vor dem Hintergrund niedriger Geburtenraten, eines zunehmenden Aufschubs des Übergangs zur Elternschaft und zunehmender Kinderlosigkeit befasst sich die vorliegende Studie mit der Entscheidung für ein erstes Kind im Kontext der Erwerbsbeteiligung.
Der Wunsch einer Elternschaft steht oftmals im Konflikt mit der individuellen Arbeitsmarktpartizipation. Andererseits kommt einer Erwerbstätigkeit die Aufgabe einer ökonomischen Absicherung der Familiengründung zu. Da Frauen in der Regel die Hauptlast der Elternschaft tragen, stellt sich die Schwierigkeit der Vereinbarkeit von Erwerbskarriere und Elternschaft für sie als besonders konfliktträchtig dar. Die vorgelegte Studie untersucht im internationalen Vergleich, in welcher Weise die Erwerbsbeteiligung den Übergang zum ersten Kind beeinflusst. Besonderes Augenmerk lege ich auf unterschiedliche institutionelle Rahmenbedingungen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Elternschaft für Männer und Frauen beeinflussen.
Der theoretische Ansatz der Studie betrachtet die Statuspassage zur Elternschaft als Konsequenz einer rationalen Entscheidung. In diesem Sinne basiert die theoretische Grundperspektive auf einem handlungstheoretischen Ansatz, der auf der Mikroebene verankert ist. Aus einer mehrebenenanalytischen Perspektive wird individuelles Geburtenverhalten als von exogenen Einflüssen der Makroebene geleitet verstanden. Dies betrifft vor allem kulturelle, sozialstrukturelle und institutionelle Faktoren, die die Opportunitätsstrukturen für Männer und Frauen in unterschiedlicher Weise beeinflussen. Vor allem Frauen sind in diesem Kontext mit widersprüchlichen und häufig inkompatiblen Rollenanforderungen in Beruf und Familie konfrontiert. Zentrale Perspektiven der theoretischen Herangehensweise sind eine verhaltenstheoretische Erweiterung des Rational Choice Modells, die Berücksichtigung von Verhandlungsprozessen in Paaren (Bargaining Modelle) sowie die Einbettung in einen lebenslauftheoretischen Ansatz.
Die analytische Herangehensweise der Arbeit konzentriert sich auf einen internationalen Vergleich von Geburtenentscheidungen in unterschiedlichen Wohlfahrtsstaaten. Vor diesem Hintergrund analysiere ich im Rahmen von zwei Fallstudien den Einfluss von prekären Beschäftigungslagen und beruflicher Unsicherheit (Studie a) sowie die Rolle der Arbeitsmarktintegration (Studie b) im Kontext der Entscheidung für oder gegen ein erstes Kind. Im Blickpunkt der Analysen stehen hierbei geschlechtsspezifische Unterschiede in der Wirkung dieser Zusammenhänge und insbesondere der Einfluss unterschiedlicher institutioneller Arrangements.
Die in der Analyse berücksichtigten Länder sind mit Deutschland, Finnland und Großbritannien je ein Vertreter eines konservativen, eines skandinavischen und eines liberalen Wohlfahrtsstaates. Mit Frankreich berücksichtige ich einen weiteren konservativen Wohlfahrtsstaat, der sich insbesondere in der geschlechterpolitischen Ausrichtung deutlich von Deutschland unterscheidet und eine prägnant höhere Geburtenrate aufweist. Die empirischen Analysen nutzen Mikrodaten des European Community Houshold Panel (ECHP), der British Household Panel Study (BHPS) sowie des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP). Der methodische Ansatz beruht auf Längsschnittanalysen auf Basis eines piecewise constant Exponentialmodells.
Unter den Männern zeigt sich über die Ländergrenzen hinweg ein weitgehend konsistentes Bild: Prekäre Erwerbslagen, wie eine zurückliegende Langzeitarbeitslosigkeit oder eine unzureichende Arbeitsmarktintegration, wirken sich negativ auf den Übergang zur Vaterschaft aus. Für die Männer wirkt nach wie vor die berufliche Position als Indikator von Ernährerqualitäten gemäß einem traditionellen Rollenverständnis. Für die Frauen zeigt sich, dass Unterschiede in den institutionellen Rahmenbedingungen zwischen den Ländern sehr unterschiedliche Bewältigungsstrategien zur Vereinbarung von Beruf und Familiengründung hervorbringen. Insgesamt ist festzuhalten, dass vor allem institutionelle Regimes, die widersprüchliche Anreize schaffen - einerseits über die Förderung weiblicher Bildungsbeteiligung und andererseits über die Reproduktion traditioneller Geschlechterrollen -, einen langen Aufschub der Familiengründung provozieren. Besonders ausgeprägt sind jene Widersprüche für Frauen mit hohen Bildungsinvestitionen und einer engen Bindung an den Arbeitsmarkt. Solche Frauen zeigen vor allem in Großbritannien und Deutschland - diese beiden Länder kultivieren die genannten institutionellen Widersprüche in besonderem Maße - eine ausgesprochen geringe Neigung, sich für ein Kind zu entscheiden.