Die vorliegenden Untersuchungen beschäftigen sich mit dem Tissue factor pathway inhibitor (TFPI), einem Kunitz-Typ Inhibitor des extrinsischen Weges der Blutgerinnung, sowie dessen natürlich vorkommender Mutante [P151L]TFPI. Beide Proteine wurden rekombinant in High Five-Insektenzellen dargestellt, um für eine Charakterisierung ausreichende Mengen herzustellen.
Im Rahmen dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass sich die beiden rekombinanten Inhibitoren bezüglich ihrer Bindungsaffinität zu verschiedenen physiologischen Liganden wie Tissue factor, Faktor VIIa, Faktor Xa, LDL, Lipoprotein(a), Chondroitinsulfat A/C sowie unfraktioniertem (UFH) und niedermolekularem Heparin (LMWH) signifikant unterscheiden. So zeigte r[P151L]TFPI in allen Fällen eine höhere Bindungsaffinität zu den immobilisierten Liganden als rWT-TFPI. Eine besonders hohe Bindungsaffinität konnte zu den Glykosaminoglykanen Chondroitinsulfat A und C sowie zu UFH und LMWH nachgewiesen werden. Darüber hinaus erfolgte eine Charakterisierung beider Proteine auf Grund ihrer inhibitorischen Wirkung auf die modifizierte Thromboplastinzeit (aPTT). Hier bewirkten beide Inhibitoren eine deutliche, konzentrationsabhängige Verlängerung der aPTT, es bestand jedoch kein signifikanter Unterschied zwischen Wildtyp und Mutante.
Im zweiten Teil der Arbeit konnte TFPI erstmalig in humanem Seminalplasma nachgewiesen und zusätzlich gezeigt werden, dass das Seminalplasma infertiler Männer signifikant erniedrigte TFPI-Konzentrationen aufweist. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass die TFPI-Konzentration in der Follikelflüssigkeit (hFF) von Frauen, die sich einer In vitro Fertilisation (IVF) unterziehen, im Vergleich zum Plasma um den Faktor vier erhöht ist und dass diese Erhöhung unabhängig vom Auftreten des Ovariellen Hyperstimulationssyndroms (OHSS) sowie dem Erfolg der IVF ist. Es konnte zudem erstmalig eine Korrelation zwischen der TFPI-Konzentration in hFF und dem Alter der IVF-Patientinnen nachgewiesen werden. Neben der Bedeutung des TFPI für die männliche Fertilität und das Follikelwachstum wurde auch gezeigt, dass Patienten, die unter einer Hyperhomozysteinämie (hHcy) leiden, signifikant erhöhte TFPI-Plasmakonzentrationen aufweisen, wobei dieser Effekt bei Frauen wesentlich stärker ausgeprägt war als bei Männern. Dies liefert neben einem Erklärungsansatz für das erhöhte Risiko kardiovaskulärer Erkrankungen von hHcy-Patienten auch ein Anzeichen für eine hHcy-bedingte Aktivierung des vaskulären Endothels.
Im dritten Teil dieser Arbeit konnte mittels Real Time PCR nachgewiesen werden, dass es bei therapeutischer Gabe von UFH wie auch LMWH zusätzlich zur prompten TFPI-Freisetzung von der Oberfläche sowie aus intrazellulären Speichern endothelialer Zellen auch zu einer Aktivierung der de novo-TFPI-Synthese kommt. Dieser Effekt war beim ebenfalls stark negativ geladenen Glykosaminoglykan Chondroitinsulfat hingegen nicht zu beobachten.