Übergewicht und Adipositas verzeichnen in den letzten zwanzig Jahren dramatische Zunahmen in Inzidenz und Prävalenz. Das Resultat ist eine epidemiehafte Verbreitung dieser Krankheit, was die Weltgesundheitsorganisation kürzlich zu dem Wortspiel "Globesity (global epidemic of overweight and obesity)" veranlasste (WHO, 2006). Weltweit sind ca. eine Milliarde Menschen übergewichtig, über 300 Millionen adipös. Damit leiden erstmals weltweit mehr Menschen an Übergewicht als an Untergewicht (Deutsches Ärzteblatt, 2006).
Gesundheitlich relevant ist neben der Fettmasse vor allem die Fettgewebsverteilung. Die abdominale Ausprägungsform der Adipositas geht mit einer Vielzahl metabolischer Komplikationen einher, die primär durch das intraabdominale Fettgewebe verursacht sind. Dabei steht vor allem die endokrine Funktion des Fettgewebes im Mittelpunkt. Über die primäre Lokalisation der Adipokine Leptin, Adiponektin und Resistin innerhalb der verschiedenen Fettkompartimente findet man in der Literatur divergente Aussagen, so dass Unklarheit über den Produktionsort der o.a. Adipokine herrscht. Darüber hinaus ist der Einfluss von Training auf die Fettgewebsverteilung in der Literatur wenig untersucht. Vor allem der Einfluss von Krafttraining fehlt fast vollständig. Auch die Beeinflussbarkeit der endokrinen Leistung der Adipozyten durch Training und Sport ist keineswegs ausreichend geklärt.
Ziel dieser Studie war deshalb zum einen die Prüfung auf Zusammenhänge zwischen der Fettgewebsdistribution und den Adipokinen Leptin, Adiponektin und Resistin und zum anderen die Wirkung zweier unterschiedlicher bewegungstherapeutischer Konzepte auf die Veränderung der Fettgewebsdistribution und die Sekretionsprodukte Leptin, Adiponektin und Resistin.
Zu diesem Zweck führten wir eine 16-wöchige Interventionsstudie mit 66 adipösen Probanden im Raum Bielefeld durch. Die Teilnehmer wurden randomisiert in zwei Gruppen geteilt, so dass jeder Proband 3-mal wöchentlich entweder ein Kraft- oder ein Ausdauertraining absolvierte. Um die Effekte definitiv auf das Training zurückführen zu können, wurden alle anderen bekannten therapeutischen Maßnahmen wie Ernährungsumstellung, Verhaltensmodifikation, Psycho- oder pharmazeutische Therapie ausgeschlossen.
Der in der Literatur so bestimmende Einfluss des viszeralen Fettgewebes auf die Adipokine muss in dieser Studie differenzierter betrachtet werden. Zumindest für Leptin, Adiponektin und Resistin kann festgehalten werden, dass das viszerale Fettgewebe nur für das Adiponektin der maßgebende Regulator ist. Weder Leptin noch Resistin stehen in einem engeren Zusammenhang zum viszeralen Fettgewebe.
Im Ergebnis zeigt sich, dass das viszerale Fettgewebe der stärkste Prädiktor der Adiponektinkonzentration ist und das subkutane Fettgewebe nur eine untergeordnete Rolle spielt. Dabei scheint eine viszerale Fettgewebsschwelle zu existieren, die unterschritten werden muss, um zu einer Anhebung der Adiponektinkonzentration zu führen.
Für das Leptin ist das subkutane Fettgewebe der stärkste Prädiktor. Die Leptinkonzentrationen sind umso größer, je stärker das subkutane Fettgewebe ausgeprägt ist.
In Bezug auf das Resistin kann über kein Fettkompartiment ein Zusammenhang hergestellt werden, so dass die Funktion als Adipokin in Frage gestellt werden kann. Auch die Rolle des Resistins in der Entwicklung der Insulinresistenz ist zweifelhaft.
Der qualitative Vergleich von Kraft- und Ausdauertraining in der Therapie der Adipositas führt zu differenzierten Ergebnissen. Krafttraining ist dem Ausdauertraining in der Veränderung der Körperkomposition und Fettgewebsdistribution vor allem durch Reduktion des subkutanen Fettgewebes überlegen. Körpergewicht, Gesamtfettgewebe, Waist to Hip Ratio, BMI und Taillenumfang werden durch Krafttraining signifikant reduziert. Ausdauertraining führt zu keinen Veränderungen der Körperkomposition mit Ausnahme des Taillenumfangs. Keine der beiden Interventionsformen ist in der Lage, suffizient das viszerale Fettgewebe zu reduzieren.
Ausdauertraining führt zu einer Verbesserung der Insulinsensitivität. Diese Verbesserung ist von einer Erhöhung der Adiponektinkonzentration begleitet. Beide Effekte können dem Krafttraining nicht zugeschrieben werden.
Weder Kraft- noch Ausdauertraining führen zu einer Veränderung der Leptinkonzentration.
Beide Trainingsformen erhöhen die Resistinkonzentration signifikant. Diese Veränderungen resultieren wahrscheinlich aus einer akuten Erhöhung inflammatorischer Prozesse und sind keine Indikatoren eines chronisch erhöhten entzündlichen Milieus.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass sowohl Kraft- als auch Ausdauertraining ohne additive Maßnahmen über unterschiedliche Mechanismen pathologischen Veränderungen der Adipositas entgegen wirken. Zur Optimierung therapeutischer Intervention sollten beide Formen kombiniert eingesetzt werden, um synergistisch positive Effekte zu erzielen.