Die Verfügbarkeit von ausreichend Trinkwasser in guter Qualität ist eine wesentliche Determinante menschlicher Gesundheit. Verunreinigtes Trinkwasser kann mikrobielle Infektionserreger enthalten oder chemische Substanzen mit potentiell langfristigen gesundheitlichen Auswirkungen. Die Überwachung und Analyse der Trinkwasserversorgung ist daher eine bedeutende Aufgabe und basiert in NRW auf einem komplexen Trinkwassersurveillancesystem, dessen Kern das Zentrale Trinkwasserdatenerfassungs- und Informationssystem (Z-TEIS) bildet.
Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Trinkwasserqualität in NRW sehr gut ist. Dennoch kann es, vor allem regional begrenzt, zu Auffälligkeiten und potentiell gesundheitsrelevanten Kontaminationen kommen. Darüber hinaus wird die Trinkwasserüberwachung derzeit mit neuen Anforderungen, wie dem Auftreten neuartiger Substanzen oder Erreger im Trinkwasser und der zunehmenden Privatisierung, konfrontiert.
Die vorliegende Arbeit untersucht, inwieweit das Trinkwassersurveillancesystem in NRW einschließlich der Datenbank (Z-)TEIS die Anforderungen, als Grundlage für gesundheitsbezogene Langzeitanalysen und Werkzeug für die tägliche Kurzzeitüberwachung zu dienen, erfüllt. Darauf aufbauend wird analysiert, inwiefern das System an neue Anforderungen angepasst ist und welche Erweiterungs- und Verbesserungsmöglichkeiten im System und für die Trinkwassersurveillance insgesamt bestehen.
Die Untersuchung erfolgt durch die Kombination zweier methodischer Ansätze: einer Datenbankanalyse von Z-TEIS und einer Befragung in den Gesundheitsämtern in NRW (Experteninterviews). Die Datenbankanalyse setzt den Schwerpunkt auf die Untersuchung, welche Daten in welcher Qualität vorliegen, welche gesundheitsbezogenen Auswertungen mit ihnen möglich sind und welche gesundheitsbezogenen Aussagen und Handlungsempfehlungen aus den Auswertungen abzuleiten sind. In den Experteninterviews werden das Nutzungsverhalten und die Eignung des Systems abgefragt. Des Weiteren dienen die Interviews dazu, Hintergründe der in der Datenbankauswertung identifizierten Einschränkungen aufzudecken. In der kombinierten Auswertung beider Methoden werden Erweiterungs- und Verbesserungsmöglichkeiten vorgestellt.
Z-TEIS umfasst einen sehr großen Datenbestand und läuft seit Jahren stabil und sicher. Dennoch ist die Datenstruktur sehr heterogen, da die Gesundheitsämter bei der Einspielung ihrer Daten sehr unterschiedlich vorgehen. Folgen sind eine eingeschränkte Vergleichbarkeit der einzelnen Gebiete in der Datenbank sowie eine insgesamt eingeschränkte Repräsentativität des Datenbestandes. Für Auswertungen, wie den Bericht über die Trinkwasserqualität an die EU und Vergleiche der Trinkwasserqualität zwischen einzelnen Ländern sowie auf gesundheitliche Wirkungen bezogene Auswertungen der Trinkwasserdaten, bieten die Daten in Z-TEIS eine gute Grundlage. Allerdings schränkt die begrenzte Datenverfügbarkeit einiger Parameter die Auswertemöglichkeiten ein.
Die Bewertung der Datenbank durch die Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern fällt sehr unterschiedlich aus, die Meinungen gehen weit auseinander. Mit der lokalen Komponente des Surveillancesystems, TEIS, zeigt sich die Mehrzahl der Befragten dagegen (sehr) zufrieden. Nichtsdestotrotz konnten einige Hemmnisse der TEIS-Nutzung in den Gesundheitsämtern identifiziert werden.
Die Erhöhung der Repräsentativität der Datenbank kann auf zwei Wegen erfolgen. Einmal dadurch, dass konkretisiert wird, welche Daten durch die Gesundheitsämter verbindlich in die Datenbank eingespeist werden müssen. Die andere, optimale Möglichkeit wäre, zu erreichen, dass alle Gesundheitsämter sämtliche verfügbaren Daten der Datenbank zur Verfügung stellen. Da dies wahrscheinlich nur auf freiwilliger Basis möglich wäre, müsste die Akzeptanz der Mitarbeiter in den Gesundheitsämtern gegenüber dem Trinkwassersurveillancesystem und insbesondere gegenüber Z-TEIS gesteigert werden. Das wäre möglich, indem TEIS und Z-TEIS als effizientere Arbeitshilfe in den Gesundheitsämtern etabliert werden, wofür in den Handlungsempfehlungen einige, zum Teil auf den Ideen der Interviewpartner basierende, konkrete Vorschläge erstellt werden.
Im (inter)nationalen Vergleich mit anderen Trinkwassersurveillancesystemen zeigt sich, dass das Trinkwassersurveillancesystem in NRW auf hohem Niveau arbeitet. Die Anpassung an aktuelle gesundheitsbezogene Anforderungen, wie das Auftreten neuer Belastungen und die Privatisierung, ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Ebenso könnte es durch das Erkennen schon kleinster relevanter Konzentrationsveränderungen als Frühwarnsystem fungieren. Dafür nötige Maßnahmen und Handlungsempfehlungen werden ebenfalls abgeleitet.