Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Isoformen des heterodimeren Capping Proteins hinsichtlich ihrer Funktion und Lokalisation biochemisch untersucht. Bei den heterodimeren Capping Proteinen handelt es sich um eine hochkonservierte Familie actinbindender Proteine, deren Vertreter in allen eukaryotischen Zellen exprimiert werden. Sie bestehen aus einer [alpha]- und einer [beta]-Untereinheit, deren C-terminale Bereiche die Interaktion mit Actin vermitteln. In Vertebraten werden drei [alpha]- und drei [beta]-Isoformen exprimiert, wobei das [alpha]3[beta]3-Heterodimer nur in der Spermiencalyx exprimiert wird.
Um die Funktion der Isoformen zu differenzieren, wurden die [alpha]1- und die [alpha]2- sowie die [beta]1- und [beta]2-Untereinheit getrennt in E. coli exprimiert, aufgereinigt und renaturiert. Die simultane Rückfaltung der in Einschlusskörpern abgelagerten rekombinanten Untereinheiten führte zu vollständig funktionellen heterodimeren Capping Proteinen, wobei diese in verschiedenen Isoformkombinationen renaturiert werden konnten. In vitro konnte eine bevorzugte Rückfaltung der Isoformkombinationen [alpha]1[beta]2 bzw. [alpha]2[beta]1 beobachtet werden. Eine separate Renaturierung war für die einzelnen Untereinheiten durch die Anwendung einer neuen Rückfaltungsmethode erfolgreich. Aus den Bindungseigenschaften bei der Renaturierung wurde ein Modell zur Interaktion von [alpha]- und [beta]-Untereinheit im funktionellen Heterodimer abgeleitet. Aktivitätsmessungen bestätigten, dass beide Untereinheiten an der Interaktion mit Actin beteiligt sind. So binden beide an monomeres und polymeres Actin, ohne jedoch die Plusenden der Actinfilamente wie beim Heterodimer vollständig zu blockieren oder die Nukleation in größerem Maße zu beschleunigen. Zur vollständigen Aktivität werden daher beide Untereinheiten benötigt. Aus den gewonnenen Daten wurde ein Modell zur Interaktion der C-Termini beider Untereinheiten mit F-Actin entwickelt.
Die Aktivität der einzelnen Isoformen unterscheidet sich nur geringfügig. So ist die Capping- und Nukleationsaktivität der [alpha]1-Untereinheit stärker als die der [alpha]2-Untereinheit. Ebenso zeigt die [beta]2-Untereinheit eine höhere Aktivität als die [beta]1-Untereinheit, wobei im nativen Heterodimer die [alpha]-Untereinheit allgemein einen stärkeren Beitrag zur Gesamtaktivität des Proteins leistet als die [beta]-Untereinheit. Interaktionmessungen der CapZ-Isoformen mit verschiedenen Actinen aus Skelett- und Glattmuskel zeigten keine differenten Bindungsaktivitäten in Abhängigkeit vom eingesetzten Actin. Eine Interaktion von Capping Proteinen mit [alpha]-Actinin aus der glatten Muskulatur konnte bestätigt werden. Die Bindung erfolgt über die [beta]-Untereinheit des CapZs, vollzieht sich unabhängig von der eingesetzten CapZ-Isoform und scheint in Muskelzellen ein allgemeines Prinzip der Actinfilament-Stabilisierung darzustellen. In Glattmuskelzellen wurde [alpha]-Actinin mit CapZ in dense plaques und dense bodies kolokalisiert, was diese Strukturen als Funktionsanaloge der Z-Scheiben von Skelettmuskelzellen erscheinen lässt.
Verschiedene CapZ-Isoformen werden auch in Glattmuskelzellen exprimiert. CapZ wurde in dense bodies und dense plaques lokalisiert, die CapZ[beta]2-Untereinheit konnte jedoch nur in membranständigen dense plaques und in der Peripherie der Kernmembran bzw. im Nukleoplasma nachgewiesen werden. Diese Isoformverteilung bestätigt die Existenz zweier cytoskeletaler Actinfilamentsysteme, deren Funktion zum einen die Kontraktion, zum anderen die Stabilisierung der Zelle ist. Die dense plaques lassen sich so dem Membranskelett zuordnen, die dense bodies verknüpfen kontraktile Einheiten zu funktionellen Strängen und stellen deren Verbindung zum Cytoskelett her. In myogenen C2C12-Zellen ist CapZ zusammen mit [beta]-Actin u.a. an der Ausbildung des Leitsaums beteiligt, wobei besonders [alpha][beta]2-Heterodimere in diese Prozesse involviert sind. Auch hier kann von der Existenz zweier cytoskeletaler Actinsysteme ausgegangen werden.