Das Saponin [alpha]-Tomatin, ein glykosyliertes Steroidalkaloid, ist ein Abwehrstoff der Tomatenpflanze, für den nachgewiesen wurde, dass er potentiell pathogene Mikroorganismen in ihrem Wachstum hemmt. Von einigen phytopathogenen Mikroorganismen ist bekannt, dass sie Tomatinasen - also Glykosylhydrolasen, die [alpha]-Tomatin deglykosylieren - besitzen und damit entgiften, welche somit als Pathogenitätsfaktoren wirken. Das offene Leseraster CMM_0090 im Genom von Clavibacter michiganensis subsp. michiganensis (Cmm) besitzt gute Übereinstimmungen zu bereits charakterisierten Tomatinasen phytopathogener Pilze und wurde deshalb mit tomA bezeichnet.
In dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass das Genprodukt von tomA (1,6 kb) tatsächlich [alpha]-Tomatin deglykosyliert und dabei das Tetrasaccharid vollständig vom [alpha]-Tomatin-Molekül abspaltet. Das Enzym TomA besitzt zwei Domänen, wobei die katalytische Aktivität auf den vorderen, N-terminalen Bereich beschränkt ist. Die Expression von tomA wird durch das eigene Substrat [alpha]-Tomatin induziert und das Genprodukt wird aus der Zelle ausgeschleust. Anhand eines durchgeführten Agardiffusionstests konnte nachgewiesen werden, dass die Inaktivierung von tomA zu einer gesteigerten Sensitivität von Cmm gegenüber [alpha]-Tomatin führt. Das Gen catR, ein Regulator, der sich in direkter Nachbarschaft zu tomA befindet, scheint ein positiver Regulator für tomA zu sein, während der Zweikomponentenregulator regA/regB, der sich stromaufwärts von tomA befindet, keinen Einfluss auf die Expression der Tomatinase hat.
Die tomA knock-out-Mutanten CmmTom2 und CmmC7 zeigen in Pflanzentests nach Infektion von Solanum lycopersicum cv. Moneymaker im Vergleich mit dem Wildtyp CMM101 keine Veränderung in der Virulenz. Dagegen führte die Infektion der Wildtomate Lycopersicon pimpinellifolium mit der Mutante CmmTom2 zu einem signifikant reduzierten Titer in planta gegenüber der Infektion mit dem Wildtyp CMM101. TomA scheint also in Kulturtomaten im Gegensatz zu Wildtomaten kein Pathogenitätsfaktor zu sein. Sowohl die tomA-Mutanten als auch der Wildtyp lösen an der Nicht-Wirtspflanze Mirabilis jalapa eine hypersensitive Reaktion aus.
Zur näheren Charakterisierung der biochemischen Eigenschaften von TomA wurden verschiedene tomA-Amplifikate in E. coli überexprimiert und gereinigt. Für die in E. coli rekombinant hergestellte Tomatinase wurde damit ein Temperaturoptimum von 32 °C, ein pH-Optimum von pH 5,5 und nach dem Modell von Michaelis und Menten ein V_Max-Wert von 1,70 nmol/(min*µg Enzym) und ein K_M-Wert von 0,37 mM ermittelt. Ferner zeigte sich, dass das rekombinante Enzym keine zweiwertigen Kationen zur Katalyse benötigt. Neben der [alpha]-Tomatin deglykosylierenden Aktivität besitzt TomA eine geringfügige hydrolytische Aktivität gegen Xylane. Das Saponinanalogon der Kartoffel, [alpha]-Solanin, ist kein Substrat von TomA.
Es wurde ein polyklonaler Kaninchen-Antikörper gegen TomA hergestellt. Dieser ist hochspezifisch für TomA. Durch Kopplung dieses Antikörpers an Protein A konnten geringe Mengen an aktiver Tomatinase aus Cmm isoliert werden. Mit dieser Methode kann TomA somit nativ aus Cmm isoliert werden und für eine weitergehende biochemische Analytik eingesetzt werden.