Proteine spielen eine herausragende Rolle für die Existenz aller lebenden Organismen, da sie an praktisch jeder Art von biologischem Prozess beteiligt sind. Leider sind die Funktionen und Interaktionen der überwiegenden Mehrheit der Proteine unbekannt. Das Wissen über diese Funktionen könnte essentielle Informationen für die Simulation von Zellverhalten liefern, was wiederum die Untersuchung von Krankheiten sowie die Entwicklung neuartiger Medikamente und Impfstoffe erleichtert.
Es gibt verschiedene Techniken, die sich mit diesem Problem befassen. Eine besonders vielversprechende Art von Ansätzen wird unter dem Namen Lokalisierungsproteomik zusammengefasst. Sie analysiert den Auftrittsort von Proteinen, um Informationen über ihre Funktionen abzuleiten. Da spezifische Zellkompartimente spezifische Aufgaben erfüllen, ist ein betrachtetes Protein wahrscheinlich an der Ausführung der Funktion der Zellkompartimente, in denen es sich befindet, beteiligt. Da aber die Auftrittsorte von Proteinen vom Zellzustand und den Umgebungsbedingungen abhängen, sind sie hochdynamisch. Es ist daher vorteilhaft, sie in lebenden Zellen zu beobachten. Dies kann mit Hilfe der Fluoreszenzmikroskopie realisiert werden; die fraglichen Proteine werden mit einem Fluoreszenzfarbstoff markiert und anschließend mit einem Fluoreszenzmikroskop visualisiert. Sogar Ko-Lokalisierungen und zeitweilige Interaktionen verschiedener Proteine werden beobachtbar. Damit könnte die Lokalisierungsproteomik wichtige Details von Zellprozessen enthüllen.
Aber selbst wenn markierte Proteine in lebenden Zellen beobachtet werden können, ist ihre Untersuchung schwierig. Ein Fluoreszenzbild enthält typischerweise mehrere oder sogar zahlreiche Zellen. Diese Zellen können in unterschiedlichen Zuständen sein, wodurch sich verschiedene Auftrittsorte der markierten Proteine ergeben. Weiterhin sind die Zellen selbst nicht notwendigerweise sichtbar. Es sind also zusätzliche Informationen erforderlich.
Diese Dissertation stellt Bildanalysemethoden bereit, die die automatische Lokalisierung von Proteinen in lebenden Zellen vereinfachen: Erstens wird ein Verfahren vorgestellt, das die Erkennung von Zellen in Hellfeld-Mikroskopbildern ermöglicht. Hierbei wird die Position der Zellen mit Hilfe morphologischer Operatoren automatisch bestimmt. Die darauf folgende Segmentierung erfolgt mittels eines erweiterten Algorithmus zur Berechnung aktiver Konturen. Die resultierenden Segmente werden dann mit Hilfe eines inkrementellen neuronalen Netzwerks und von Support-Vektor-Maschinen bewertet. Diese Technik kann gemeinsam mit Ansätzen zur Proteinlokalisierung verwendet werden, ohne Probleme zu verursachen.
Zweitens werden Methoden diskutiert, die eine Untersuchung von Proteinverteilungsmustern innerhalb der erkannten Zellen zulassen. Hierfür wurde eine Menge angemessener Merkmale ausgewählt, die eine Unterscheidung zwischen zehn Auftrittsorten von Proteinen zulässt. Die Klassifikation erfolgt mittels eines inkrementellen neuronalen Netzes. Somit können zusätzliche Proteinverteilungsmuster und Auftrittsorte integriert werden.
Abschließend wurden beide Techniken kombiniert, was in einem automatischen System resultierte, das für Hochdurchsatzanwendungen geeignet ist. Solch ein System stellt einen innovativen Beitrag zu aktuellen Forschungen im Bereich der Proteomik dar, insbesondere da inkrementelle Ansätze verwendet werden, die die Integration neuer Informationen während ihrer Nutzung ermöglichen.