Für zukünftige lebergentherapeutische Anwendungen im Patienten, wie etwa der Therapie monogenetischer Erbkrankheiten oder des Hepatozellulären Karzinoms (HCC), werden effiziente und vor allem gewebespezifische, hepatotrope Vektorsysteme benötigt, die bei einer in vivo Applikation gezielt die Leberzellen bzw. Hepatomzellen ansteuern.
Die derzeit in der Entwicklung befindlichen retro- und lentiviralen Vektoren sind zwar in der Lage, Hepatozyten zu transduzieren, haben aber einen breiten Tropismus und steuern diese daher nicht spezifisch an. Aufgrund dessen war das Ziel dieser Dissertation, die Machbarkeit der Generierung eines lentiviralen Vektorsystems auf Basis des Felinen Immundefizienz Virus (FIV) für den kurativen Einsatz monogenetisch bedingter Erbkrankheiten mit Spezifität für die teilungsinaktiven Hepatozyten zu überprüfen.
Voraussetzung dafür war die initiale Etablierung des FIV-Vektorsystems mit leicht zu detektierenden zytoplasmatischen Reportern (wie EGFP oder DsRed2). Des Weiteren war die Insertion regulatorischer Sequenzen in das Vektorgenom nötig, um einen Kernimport der proviralen DNA nach Transduktion und die damit verbundene Expression des jeweiligen Reporters effizienter zu gestalten.
Erste funktionelle Untersuchungen der FIV-Vektoren, die mit den heterologen Hüllglykoproteinen des Vesicular Stomatitis Virus (VSV) oder des Ross River Virus (RRV) ausgestattet waren, zeigten deren effiziente pantrope Transduktionseigenschaften in verschiedenen Zelllinien.
In Anlehnung an vorangegangene Pseudotypisierungsversuche von retroviralen Vektoren mit dem heterologen Sendai-viralen Fusionshüllglykoprotein (SeV-F) wurde das etablierte FIV-Vektorsystem mit folgenden Fusionshüllglykoproteinen pseudotypisiert:
- dem Wildtyp SeV-F,
- dem SeV-Fmut, einer konstitutiv fusionsaktiven Form des Wildtyp SeV-F, die nicht mehr durch Inkubation mit Trypsin aktiviert werden muss,
- dem SeV-Fdel, einer trunkierten Variante mit verkürzter zytoplasmatischer Domäne für eine bis dato postulierte verbesserte Inkorporation in die Virushülle.
SeV-F wurde als heterologes Hüllglykoprotein eingesetzt, da für dieses eine Interaktion mit dem ausschließlich von Leberzellen exprimierten Asialoglykoprotein-Rezeptor (ASGP-R) bereits nachgewiesen wurde. Funktionelle FIV-SeV-F Pseudotypen wurden wider Erwarten nicht detektiert.
Ausgehend von einer mangelnden bzw. ineffizienten Inkorporation der SeV-F Varianten aufgrund einer möglichen Inkompatibilität von SeV-F mit dem FIV-Nukleokapsid und der dadurch ausbleibenden Bindung des FIV-Vektors an den ASGP-R wurden chimäre SeV-F Hüllglykoproteine hergestellt. Diese besaßen sowohl Transmembrandomänen als auch zytoplasmatische Domänen heterologer Virushüllglykoproteine, die nachweislich mit den FIV-Nukleokapsid interagierten. Dadurch sollte ein effizienter Einbau der chimären SeV-F Hüllglykoproteine in die FIV-Vektorhülle erreicht werden. Auch mit diesen chimären SeV-F Varianten waren keine funktionellen Pseudotypen über eine spezifische Transduktion ASGP-R exprimierender Zielzellen detektierbar. Wurde dagegen zusätzlich für die Pseudotypisierung neben dem SeV-F auch das Hämagglutinin-Neuraminidase Hüllglykoprotein (SeV-HN) eingesetzt, das die Bindung an ubiquitär vorkommende Rezeptoren (Sialinsäure-haltige Ganglioside) auf der Oberfläche von Säugerzellen vermittelt, konnten neben ASGP-R exprimierenden Zellen auch verschiedenste Zelllinien transduziert werden, die den ASGP-R nicht exprimieren. Diese Doppelpseudotypen zeigten somit das gleiche pantrope Transduktionsspektrum wie das Wildtyp SeV. Daher ist anzunehmen, dass das SeV-F Protein einen Co-Faktor in Form eines zweiten viralen Hüllglykoproteins, beispielsweise das SeV-HN, benötigt, der die SeV-F Fusionseigenschaften triggert. Eine Spezifität der FIV-Vektoren für Hepatozyten ist durch eine "einfach"-Pseudotypisierung mit dem SeV-F auf diesem Wege daher nicht zu realisieren.