In der vorliegenden Arbeit wurden die genetische Variabilität und die intrazelluläre Lokalisation der humanen Xylosyltransferasen XT-I und XT-II untersucht. XT-I initiiert die posttranslationale Synthese von Glykosaminoglykan-Ketten in Proteoglykanen durch den Transfer von Xylose auf spezifische Serin-Reste im Core-Protein. Die physiologische Funktion der XT-II ist noch nicht bekannt.
Die erstmalige genetische Analyse der Exons und flankierenden Intronbereiche der Xylosyltransferase(XYLT)-Gene erfolgte bei insgesamt 210 Patienten mit Erkrankungen, die durch einen veränderten Proteoglykan-Metabolismus charakterisiert sind: Typ-1-Diabetiker mit und ohne Nephropathie, Arthrosepatienten und Pseudoxanthoma elasticum (PXE)-Patienten. Mit Hilfe der denaturierenden HPLC konnten insgesamt 23 Variationen im XYLT-I-Gen und 24 im XYLT-II-Gen detektiert werden.
In weiterführenden Untersuchungen konnten Zusammenhänge mit der Pathogenese der Erkrankungen und dem Auftreten bestimmter genetischer Veränderungen aufgedeckt werden. Typ-1-Diabetiker mit Nephropathie besitzen mit einer signifikant höheren Frequenz die Aminosäure-Substitution p.A115S in der XT-I (4,3 Prozent vs. 2,4 Prozent, p = 0,03). Diese stellt somit einen Risikofaktor für die Entwicklung der Niereninsuffizienz dar. Dem Polymorphismus c.1989T>C im XYLT-I-Gen kann ein protektiver Effekt auf die Progression vaskulärer Komplikationen bei Typ-1-Diabetikern zugeschrieben werden, da er mit erniedrigten Blutdruck- und Serum-Kreatinin-Werten assoziiert ist. Bei Arthrosepatienten geht das T-Allel des SNPs c.1569C>T (XYLT-II) mit einer früheren Krankheitsmanifestation einher. Weiterhin konnte nachgewiesen werden, dass die Serum-XT-I-Aktivität bei Arthrosepatienten mit zunehmender Krankheitsdauer ansteigt. Sie stellt somit einen potentiellen biochemischen Marker zur Stadieneinteilung und Verlaufskontrolle der Arthrose dar. PXE-Patienten mit der Substitution p.T801A in der XT-II leiden häufiger unter den charakteristischen Hautveränderungen, einem schwereren Krankheitsverlauf und einem früheren Diagnosealter. Eine deutlich höhere Serum-XT-I-Aktivität konnte bei PXE-Patienten mit dem SNP p.A115S (XT-I) im Vergleich zu den Wildtyp-Patienten nachgewiesen werden.
Ausgehend von dem Vektor pCG255[Delta]1-148-XT-I wurden durch gerichtete Mutagenese natürlich vorkommende XT-I-Aminosäure-Substitutionen generiert und ihr Einfluss auf die katalytische Aktivität nach der Expression in High Five-Insektenzellen analysiert. Die zwei Mutationen p.P385L und p.I552S resultieren in homozygoter Form in einer 16-prozentigen bzw. 26-prozentigen Aktivitätsminderung.
Die Konstruktion der vollständigen GFP-markierten XT-I und die rekombinante Expression in Säugerzellen resultierte in einer 44-68-fachen Erhöhung der XT-I-Aktivität im Zellkultur-Überstand. Die XT-I konnte somit erstmalig in aktiver, proteolytisch gespaltener Form dargestellt werden. Anhand der Fluoreszenz des GFP gelang es, den Golgi-Apparat als Ort der Initiation der Proteoglykan-Biosynthese zu identifizieren. Für eine verkürzte GFP-markierte XT-II-Variante konnte ebenfalls die Golgi-Lokalisation nachgewiesen werden. Mit Hilfe verschiedener XT-I- und XT-II-Mutanten konnten die für die intrazelluläre Zielsteuerung erforderlichen Signalsequenzen nachgewiesen werden. Diese bestehen bei beiden Xylosyltransferasen aus der cytoplasmatischen Domäne, der Transmembranregion und einem definierten Anteil der Stammregion. Interessanterweise benötigt die XT-II nur 13 Aminosäuren der Stammregion, um eine vollständige Golgi-Retention zu erreichen; die XT-I hingegen braucht 179 Aminosäuren der Stammregion. Zwischen den erforderlichen Bereichen existieren keine Sequenzhomologien.