Die vorliegende Arbeit untergliedert sich in zwei Teile. Ein Schwerpunkt lag in der Entwicklung und Etablierung von molekulargenetischen Techniken für Clavibacter michiganensis subsp. michiganensis (Cmm), dem Erreger der "Bakteriellen Welkekrankheit" der Kulturtomate (Lycopersicon esculentum Mill.). Der zweite Schwerpunkt lag in der Identifizierung und Charakterisierung von Mutanten von Cmm, insbesondere mit veränderter Virulenz, die mit den neu etablierten Techniken erzeugt worden waren.
Als eine essentielle Voraussetzung für viele molekulargenetische Techniken, die eine hohe Transformationseffizienz mit heterologer DNA in Cmm benötigen, wurde die Elektrotransformation nach Cmm u.a. mit Hilfe einer Glycinbehandlung und dem Einsatz von nicht methylierter DNA optimiert. Mit einer Erhöhung der Transformationsrate um etwa den Faktor 1000 auf ~ 5 · 10 6 Transformanten/µg DNA konnte die Voraussetzung für die Transposon-Mutagenese, zur Erzeugung von zufälligen Mutationen im Chromosom von Cmm, und die Kassettenmutagenese mittels "gene-disruption"/"gene-replacement" geschaffen werden. Mit dem Transposon Tn1409C - abstammend von IS1409 aus Arthrobacter sp. (GARTEMANN und EICHENLAUB, 2001) - konnte ein Transposon-Mutagenese-System in Cmm und anderen Clavibacter michiganensis-Subspezies etabliert werden, bei dem bis zu 3.000 Transposanten/µg DNA erhalten werden können.
Ausgehend von einer pigmentfreien Mutante wurde ein Operon identifiziert, welches die gesamte Carotinoid-Biosynthese von Cmm bis zu dem potentiellen C50-Carotin kodiert. In einer Mutante mit verändertem EPS konnte ein Gen identifiziert werden, das für ein sehr großes, wahrscheinlich zellwandassoziiertes Protein kodiert und Ähnlichkeiten zu Rhs-Proteinen aufweist, dessen Funktion aber noch unklar ist.
Unter den ca. 1500 in planta getesteten Transposon-Mutanten von Cmm konnten mit Hilfe eines verfeinerten Welkeindices drei Mutanten identifiziert und charakterisiert werden, die eine deutlich verringerte Virulenz besaßen. In zwei von ihnen war das Transposon in die gleiche DNA-Region inseriert und hatte dort im Abstand von ca. 3,5 kb zwei ORFs unterbrochen, deren Genprodukte Ähnlichkeiten zu Proteinen unbekannter Funktion aus den pflanzenpathogenen Bakterien Xylella fastidiosa und Xanthomonas axonopodis pv. citri aufweisen. Bei diesen könnte es sich um sekretierte Serin-Proteasen handeln. Hierin zeigen sie Ähnlichkeiten zu den sechs ebenfalls in dieser Großregion liegenden Homologen zu dem Pathogenitätsprotein Pat-1 des endogenen Plasmids pCM2. Diese auf einem ca. 130 kb großen VspI-Fragment liegende DNA-Region ist zumindest zum Teil in der dritten Mutante deletiert, die die Wirtspflanze Tomate nicht mehr erfolgreich kolonisieren kann. Alles deutet darauf hin, dass mit dieser DNA-Region ein für die Bakterien-Pflanzen-Interaktion wichtiger Bereich gefunden wurde, in dem erstmals chromosomale Gene identifiziert werden konnten, die zusätzlich zu den bekannten plasmidkodierten Genen pat-1 und celA für die Virulenz von Cmm notwendig sind.