Beim Nachdenken über das Problem der Willensfreiheit stößt man unweigerlich auf sehr viele Fragen aus vielen anderen Problembereichen, die sich hier alle überschneiden. Die nahegelegensten sind: Handlungstheorie, Ethik, Metaphysik, Philosophie des Geistes, Künstliche Intelligenz. Eine Hauptschwierigkeit besteht deshalb darin, den eigentlich problematischen Kern - d.h. die dialektische Spannung eines sehr anspruchsvollen Freiheitsbegriffs einerseits mit einer zwar klaren, aber weitestmöglich unspezifizierten Deteminismusthese andererseits - nicht aus den Augen zu verlieren. Andernfalls nämlich werden die vorgelegten Lösungsvorschläge das Problem nicht nur nicht lösen, sondern häufig auch einer Lösung nicht näher bringen, weil entweder wirklich wichtige Gesichtspunkte nicht differenziert genug behandelt oder andere Dinge unangemessen subtil untersucht sind.
Der Essay "Handlungsalternativen, Determinismus und Schein-Kompatibilismus" weist nun umfassend und detailliert nach, dass die lange und umfangreiche bisherige Debatte um die Existenz von Willensfreiheit unter dem Strich diese Hauptschwierigkeit nicht gemeistert hat und bei ihrem gegenwärtigen Stand von einer großen Anzahl an Missverständnissen und gravierenden Irrtümern durchsetzt ist. Die daraus resultierenden Verwirrungen sind umso schwerer zu durchschauen, als sich im Verlaufe der Diskussionen eine dichte Verflechtung der Missverständnisse gebildet hat und dafür sorgt, dass sie sich sehr hartnäckig halten. Diese gängigen, geradezu etablierten Fallen und Fehler werden deshalb nicht nur mehr oder weniger explizit benannt, sondern die Arbeit ist geleitet von dem Bestreben, ihre Verquickungen und ihre Genese ebenfalls gedanklich zu durchdringen, soweit das möglich ist.
Im Ergebnis führt dieses Vorgehen nicht nur zu einer fundierten kritischen Bestandsaufnahme der Diskussion, sondern erarbeitet etwa auch eine konstruktive terminologische Tafel, also argumentativ abgesicherte Definitionsvorschläge für die ausschlaggebenden Begriffe dieser Thematik. Auf diesem Wege ist ein Text entstanden, der sich sehr tief auf die Frage konzentriert, was genau uns eigentlich beim Nachdenken über Willensfreiheit Sorge bereitet, um auf diese Weise Bewegung in eine nicht nur alte, sondern offenbar auch recht festgefahrene Debatte zu bringen. Im Zentrum steht dabei die Position des Kompatibilismus, die in diesem Jahrhundert die Diskussion weitgehend beherrscht hat, um dann in den letzten anderthalb Dekaden rapide an Reputation zu verlieren. Der Essay argumentiert ausgiebig dafür, dass diese Diskriminierung genauso schlecht begründet ist wie die vorhergehende Dominanz des Kompatibilismus und dass hier nach wie vor alles offen ist.