Das Kompetenzzentrum Informelle Bildung (KIB) an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld untersucht im Kontext der Bundesinitiative "Jugend ans Netz", gefördert durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Nutzungsstrukturen von Jugendlichen im virtuellen Raum. Im Zentrum dieser Studie, mit der erste Ergebnisse aus der empirischen Begleitforschung vorgestellt werden, steht die Untersuchung der Unterschiede in der Internetnutzung von Jugendlichen verschiedener sozialer Herkunft ("Digital Inequality").
Anhand von Leitfadeninterviews, der ersten Welle einer Fragebogenerhebung sowie der Analyse von Feedbackforen in der Onlineberatung wurde eine große Bandbreite in der Herangehensweise an das Feld sowohl methodisch als auch in bezug auf die Fragestellungen der Erhebungen gewählt und Erkenntnisse gewonnen, die über bisher vorliegende Studien hinausgehen und neue Fragen für das Feld der Bildungs- und Jugendpolitik aufwerfen.
Die Ergebnisse der qualitativen und quantitativen Erhebungen zu Nutzungsweisen und Aneignungsstrukturen von Jugendlichen im Internet zeigen deutlich, dass die soziokulturellen Bedingungen des "Offline-Leben" gravierende Auswirkungen auf die Onlinenutzung haben. Insbesondere der Bildungshintergrund der Jugendlichen sowie ihrer sozialen Umgebung spielt eine zentrale Rolle. So finden sich große Unterschiede zwischen Personen mit höherem und niedrigerem formalen Bildungsstand in bezug darauf, wie sie jeweils in der Lage sind, das Internet zu nutzen.
Gleichzeitig eröffnet der virtuelle Raum informelle Bildungsmöglichkeiten durch Kommunikation, Interaktion und selbstgesteuerte Informationsaneignung. Auch hier sind allerdings die sozialen Unterschiede sowohl für den Vorteil durch die Onlinenutzung für das Leben außerhalb des Internet als auch als Vorbedingungen für eine erfolgreiche Nutzung von Bedeutung.
Die Beteiligung von verschiedenen Gruppen in Onlinestrukturen im Sinne von Meinungsäußerung und Interessensvertretung erfordert ebenfalls eine ungleichheitssensible Wahrnehmung der Partizipationsmöglichkeiten unterschiedlicher Gruppen im Netz, die durch ihre jeweiligen sozialen Rahmenbedingungen beeinflusst sind ("Voice Divide").
Durch die vorliegenden differenzierten und den sozialen Kontext miteinbeziehenden Untersuchungen zu Nutzungsdifferenzen von Jugendlichen im sozialen Kontext wird der Mythos aufgebrochen, das Internet führe per se für alle zu demokratischer Beteiligung und Nutzen für alle. Vielmehr wird deutlich, dass sich auch im virtuellen Raum soziale Stratifizierung reproduziert. Wenn das Ziel ist, allen die kompetente Nutzung des Internet und damit die Teilhabe an informellen Bildungsangeboten zu ermöglichen, ist es erforderlich, dass bei der Entwicklung von Angeboten im Onlinebereich sowohl hinsichtlich ihrer Struktur als auch in bezug auf die darin angesiedelten Themen differenziert und soziale Ungleichheiten beachtend vorgegangen wird.