Der Aufsatz erweitert die aktuellen Forschungsstrategien der Transnationalisierungsforschung
um die kulturtheoretische Perspektive. In Anlehnung an Andreas Reckwitz, Ulf Hannerz und
Homi Bhabha wird ‚Kultur‘ als ein Prozess der Sinngebung beschrieben. Folglich werden
transnationale Formationen, wie multi-lokale Familien, Diasporen und Organisationen als
diejenige soziale Einheiten definiert, die sich durch die Interferenz, also Überlagerung, von
Sinnmustern und Wissensordnungen auszeichnen.
Auf der Grundlage dieser Annahmen fasst der Aufsatz zentrale Elemente einer transnational
orientierten hermeneutischen Wissenssoziologie zusammen, die Akteursstrategien des
Umgangs mit kulturellen Interferenzen in den Mittelpunkt rückt. Als erstes werden die
Vorteile von multi-lokaler Ethnographie (und der an sie angelehnten Erhebungsformen)
hervorgehoben, die eine innovative Form der qualitativen Erhebung von
grenzüberschreitenden Phänomenen darstellt. Als zweites wird die modifizierte Strategie der
Dateninterpretation in Anlehnung an die hermeneutische Wissenssoziologie vorgeschlagen:
Forscherinnen bleiben offen in Bezug auf die mögliche Pluralität und Überlagerung der
Sinnmuster sozialer Akteure. Als drittes wird vorgeschlagen, die Reflexivitätssteigerung ins
methodische Verfahren zu integrieren, in dem die Forschung in kulturell-heterogenen und
interdisziplinären Forschungsteams organisiert wird. Somit bietet die Methode der
transnational orientierten hermeneutischen Wissenssoziologie eine komplexitätsadäquate
Rekonstruktion kultureller Interferenzen im Kontext von grenzüberschreitenden
Sozialpraktiken.