Das RNA-Bindeprotein *At*GRP7 (*Arabidopsis thaliana* glycine-rich RNA binding protein) steht unter circadianer Kontrolle und reguliert seine eigene Expression und die des nahe verwandten *At*GRP8 durch einen negativen Rückkopplungskreis auf post-transkriptioneller Ebene. Zieltranskripte von *At*GRP7 werden ebenfalls auf post-transkriptioneller Ebene über den Mechanismus des alternativen Splicings reguliert. Das Protein ist an der Regulation des pflanzlichen Blühzeitpunktes beteiligt. In dieser Arbeit wurde der Einfluss der beiden RNA-Bindeproteine *At*GRP7 und *At*GRP8 auf den Blühzeitpunkt von *Arabidopsis thaliana* auf molekulargenetischer und physiologischer Ebene analysiert, um eine genaue Einordnung in das Netzwerk der Blühregulation vornehmen zu können. Durch den Einsatz einer automatisierten Phänotypisierungsplattform wurden außerdem Einflüsse einer Misexpression der beiden Proteine auf die phänotypische Entwicklung während der vegetativen Wachstumsphase der Pflanze charakterisiert. Der späte Blühphänotyp sowie die erhöhte Expression des Blührepressors *FLOWERING LOCUS C (FLC)* in der T-DNA Insertionsmutante *atgrp7-1* konnten durch Expression eines genomischen *AtGRP7*-Fragments aufgehoben werden, die Expression eines *AtGRP7*-Fragments mit reduzierter RNA-Bindefähigkeit erzielte jedoch keine vollständige Komplementation, was auf die Wichtigkeit einer intakten *in vivo* RNA-Bindung hinweist. Der Blühzeitpunkt der Mutante *atgrp7-1 8i*, die kein detektierbares *At*GRP7 aufweist und nur reduzierte Level von *At*GRP8 auf Grund eines RNAi-Konstruktes exprimiert, ist gegenüber der Mutante *atgrp7-1* weiter verspätet. *At*GRP8-Überexpressionsmutanten zeigen dosisabhängig einen frühen Blühphänotyp. Ein Effekt auf *FLC* ist nur bei älteren Pflanzen zu sehen. *At*GRP8 beeinflusst damit den Blühzeitpunkt in ähnlicher Weise wie *At*GRP7, der Effekt ist jedoch dosis- und entwicklungsabhängig. Untersuchungen von Doppelmutanten haben gezeigt, dass *At*GRP7 genetisch unabhängig von CONSTANS (CO) und GIGANTEA (GI) wirkt und damit nicht in den photoperiodischen Signalweg der Blühinduktion einzuordnen ist. Das Protein wirkt parallel zu FCA, FPA und FLK im autonomen Signalweg der Blühinduktion, genetische Interaktion besteht jedoch mit der Histon Demethylase FLOWERING LOCUS D (FLD). Eine direkte *in vivo* Bindung von *FLC* durch AtGRP7 kann nicht festgestellt werden, so dass eine indirekte Regulation wahrscheinlich ist. Warme Umgebungstemperaturen von 27 °C bewirken eine starke Reduktion des *At*GRP7-Levels, die nicht über eine Regulation der Promotoraktivität verläuft, sondern translationelle oder post-translationelle Mechanismen einschließt. Für *At*GRP8 konnte keine Abhängigkeit von moderaten Änderungen der Umgebungstemperatur festgestellt werden. Blühversuche bei unterschiedlichen Umgebungstemperaturen zeigen, dass der späte Blühzeitpunkt von *atgrp7-1* und *atgrp7-1 8i* bei 16 °C aufgehoben wird, fehlendes *At*GRP7 scheint also nur bei höheren Temperaturen einen verzögernden Effekt auf die Blühinduktion zu haben. Kreuzungen mit der Mutante *flc-3* zeigen, dass der Blühphänotyp von *atgrp7-1* und *atgrp7-1 8i* bei 20 °C und 27 °C *FLC*-abhängig ist, bei 16 °C jedoch *FLC*-unabhängig. In Pflanzen, die *At*GRP7 überexprimieren (*At*GRP7-ox) ist die *FLC*-Expression verringert, was allgemein mit einem frühen Blühzeitpunkt in Verbindung gebracht wird. In dieser Arbeit konnte erstmals gezeigt werden, dass in *At*GRP7-ox jedoch der Blührepressor *MADS AFFECTING FLOWERING4 (MAF4)* verstärkt exprimiert wird und das Verhältnis der beiden *FLOWERING LOCUS M (FLM)*Isoformen *FLM-β* und *FLM-δ* stark zugunsten der Variante *FLM-β* verschoben ist, die als Blührepressor wirkt. Der resultierende Blühphänotyp von *At*GRP7-ox ist daher ein Produkt aus reduzierter *FLC*- und verstärkter *MAF4*- und *FLM-β*-Expression, die Pflanzen können so nicht pauschal als frühblühend bezeichnet werden. *At*GRP7 kann ein erster identifizierter Kandidat eines Splicing-Regulators von *FLM* sein. Die Phänotypisierung von Pflanzen mit veränderter Expression von *At*GRP7 und *At*GRP8 zeigt, dass vor allem *At*GRP7-ox einen dramatischen Effekt auf den Wuchsphänotyp von *Arabidopsis thaliana* ausübt und die vegetative Entwicklung verlangsamt. Es ist daher anzunehmen, dass die Rolle von *At*GRP7 und *At*GRP8 nicht auf die Blühregulation beschränkt ist, sondern die Proteine auch die vegetative Entwicklung beeinflussen. Zusammengenommen zeigen die Ergebnisse, dass *At*GRP7 den Blühzeitpunkt über den autonomen Signalweg der Blühinduktion reguliert und auch Funktionen im temperaturabhängigen Signalweg erfüllt. *At*GRP8 übt in vielen Fällen redundante Funktionen aus, wird jedoch nicht durch moderate Änderungen der Umgebungstemperatur reguliert . Beide Proteine beeinflussen auch die vegetative Entwicklung von *Arabidopsis thaliana* und nehmen daher eine weitreichende Rolle während der gesamten pflanzlichen Entwicklung ein.