In Marktwirtschaften werden Primäreinkommen ausschließlich durch den Verkauf von Faktorleistungen generiert. Daher kann es in solchen Wirtschaften auch nur zwei Quellen für Einkommensunterschiede vor staatlicher Umverteilung
geben: unterschiedlicher Faktorbesitz und unterschiedliche Bezahlung von Faktorleistungen. In einer reinen Markwirtschaft, gekennzeichnet durch gleiche Ertragsraten pro Vermögenseinheit, kann es keine unterschiedliche
Bezahlung von Faktorleistungen geben. Nominale Einkommensunterschiede spiegeln daher nur Vermögensunterschiede wider. Sie verletzen aber
nicht den Gleichheitsstandard der reinen Marktwirtschaft. Akzeptiert man den Gleichheitsstandard der reinen Marktwirtschaft auch für reale Marktwirtschaften,
dann sind Renten im ökonomischen Sinn (vom Gleichgewichtspreis abweichende Zahlungen) in einer solchen Wirtschaft die einzige Quelle
der Einkommensungleichheit in einem genuinen Sinn. Vermögensunterschiede inklusive der unterschiedlichen Ausstattung mit Humankapital als Quelle
der Ungleichheit werden aber relevant, wenn nicht meritokratische Gleichheit, sondern ein hiervon abweichender Gleichheitsstandard für die Analyse
der Einkommensverteilung maßgeblich ist