Streptococcus gallolyticus subsp. gallolyticus ist ein Kommensale des
Gastrointestinaltraktes (GIT) von Mensch und Tier, der auch fakultativ pathogen sein kann.
Das Bakterium kann als Erreger der Endokarditis, Meningitis und Sepsis im animalen und
humanen Wirt identifiziert werden. Beispielsweise wurden in 20 % der humanen
Streptokokken-bedingten Endokarditis S. gallolyticus subsp. gallolyticus als auslösendes
Pathogen identifiziert. Obwohl die Infektionszahl zunimmt, sind die Transmissionswege und
das zoonotische Potential bislang weitgehend ungeklärt.
In dieser Arbeit wurde eine epidemiologische Fall-Kontrollstudie durchgeführt, mit der die
Prävalenz von S. gallolyticus subsp. gallolyticus im humanen GIT ermittelt wurde.
Molekulargenetisch konnten 75 % der getesteten Stuhlproben gesunder Probanden
(n = 96) als S. gallolyticus subsp. gallolyticus-positiv identifiziert werden. In der Studie
konnte bei Probanden unter 50 Jahren das fakultative Pathogen signifikant häufiger
detektiert werden, wenn der Wohnsitz nicht in der Stadt war (Odds Ratio 0,12; p = 0,025).
Des Weiteren gab es Hinweise, dass eine Amphixenose durch den Konsum von rohem
Fleisch begünstigt werden könnte.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden durch die Etablierung eines Selektivmediums zahlreiche
S. gallolyticus subsp. gallolyticus-Isolate aus humanem und animalem Fäzes und aus der
Umwelt gewonnen und das Stammkollektiv damit erweitert. Dessen bakterielle
Populationsstruktur konnte anhand des in dieser Arbeit komplettierten subspeziesspezifischen
Multilocus Sequence Typing Schemas analysiert werden, wodurch erstmals
Hinweise für eine potentielle Transmission zwischen Mensch und Tier aufgezeigt wurden.
Ein übereinstimmendes Allelprofil wurde sowohl in einer humanen Blutkultur eines
Landwirtes als auch im Kot von Legehennen seines Betriebes detektiert. Durch
systematische Beprobungen konnten in diesem Legehennenbetrieb tierassoziierte Isolate
aus der Umgebung (z. B. aus Staubpartikeln) und aus fäkalen Proben von Legehennen
identifiziert werden, die diverse Sequenztypen (STs) aufwiesen. Durch die Analyse der
einzelnen STs mit den jeweiligen Isolationsquellen konnten potentielle direkte und indirekte
Transmissionswege identifiziert werden. Diese Interspeziestransmission könnte sowohl
durch einen engen Kontakt zu kolonisierten Legehennen als auch durch einen fäkal-oralen
Transfer beeinflusst werden.
Weiterhin wurde eine Überlebensfähigkeit von S. gallolyticus subsp. gallolyticus außerhalb
seines natürlichen Habitats auf trockenen Oberflächen, in Stuhl, im Leitungswasser sowie
in Milch bis zu 14 Tage bei Raumtemperatur und 4 °C nachgewiesen. Es konnte gezeigt
werden, dass S. gallolyticus subsp. gallolyticus die Pasteurisierung von Milch überleben
kann, wodurch eine generelle Übertragung des fakultativen Pathogens durch Milchprodukte
möglich wäre. Die nachgewiesene Toleranz von S. gallolyticus subsp. gallolyticus
gegenüber alkalischen pH-Werten weist auf die Kolonisationsfähigkeit im GIT hin. Daraus
kann abgeleitet werden, dass die Umwelt als Reservoir des Bakteriums fungieren kann und
ein Transfer des Bakteriums über Nahrungsmittel möglich ist. Nach der Kolonisation des
GITs begünstigt unter anderem die Adhäsion an Kollagene die Initiation einer Infektion. Für
die verschiedenen Isolate konnte außerdem eine unterschiedlich stark ausgeprägte
Fähigkeit der Adhärenz an Kollagen I und IV aufgezeigt werden, was auf divergente
Virulenzeigenschaften des analysierten Kollektivs hindeutet. Folglich resultiert ein
unterschiedliches Potential der analysierten Stämme, an das Kollagen I der extrazellulären
Matrix des Endokards zu adhärieren und eine Infektion zu initiieren. Diese ermittelten
Phänotypen zeigen auf, dass die Übertragung von S. gallolyticus subsp. gallolyticus
zwischen Mensch und Tier, eine Etablierung im GIT und eine Infektion am Endokard
möglich ist.
Zusammengefasst konnte in dieser Arbeit mit Hilfe der analytischen Epidemiologie sowie
der phänotypischen Charakterisierung eine potentielle Interspeziestransmission von
S. gallolyticus subsp. gallolyticus dargestellt werden. Demnach konnten neue Erkenntnisse
gewonnen werden, die das zoonotische Potential des fakultativen Pathogens aufzeigten.