Hintergrund: Menschen mit türkischem Migrationshintergrund sind eine wichtige Zielgruppe im Kontext von Public Health, denn sie machen einen bedeutenden Anteil an der Wohnbevölkerung Deutschlands aus und haben zudem andere Krankheitsrisiken und -ressourcen im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung. Als Maßnahme zur Früherkennung von Brustkrebs wird für Frauen von 50 bis 69 Jahren Mammographie-Screening angeboten. Da Mammographie-Screening jedoch neben einigen Vorteilen auch Nachteile hat, spielt die Informierte Entscheidung für oder gegen eine Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm eine wichtige Rolle. Befunde aus Deutschland zu Teilnahmeraten türkischer Migrantinnen sowie zu den Einflussfaktoren oder der Informierten Entscheidung gibt es bislang nicht. Die theoretische Betrachtung ist ebenso defizitär.
Fragestellung und Methode: Aufgrund der mangelnden Studienlage zu teilnahmerelevanten Aspekten bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund in Deutschland werden Fragestellungen zur Teilnahme, deren Einflussfaktoren sowie der Informierten Entscheidung bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund abgeleitet. Datengrundlage bilden Routinedaten von Mammographie-Screening-Einheiten und Einwohnermeldeämtern, semi-strukturierte qualitative Interviews sowie Response- und Befragungsdaten einer Querschnitterhebung.
Verbindendes Element der verschiedenen Analysen ist die Betrachtung teilnahmerelevanter Aspekte bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund.
Ergebnisse: Insgesamt zeigen sich keine Unterschiede in der Teilnahmerate am Mammographie-Screening-Programm zwischen Frauen mit und ohne türkischem Migrationshintergrund. Frauen mit türkischem Migrationshintergrund treffen jedoch zu einem deutlich geringeren Anteil eine Informierte Entscheidung für oder gegen die Teilnahme am Mammographie-Screening-Programm. Neben soziodemografischen Faktoren zeigen sich vor allem die Krankheitsvorstellungen, das generelle Gesundheitsverhalten, das Einladungsverfahren, persönliche Empfehlungen sowie Barrieren als teilnahmerelevant. Zudem spielen das Wissen über Brust-krebs und Mammographie-Screening sowie die persönlichen Einstellungen eine wichtige Rolle.
Schlussfolgerungen: Die Teilnahmerate ist kein geeigneter Indikator zur Beurteilung gleicher Zugangschancen verschiedener Bevölkerungsgruppen im Rahmen des Mammographie-Screening. Vielmehr sollte die Informierte Entscheidung im Mittelpunkt stehen. Maßnahmen zur Förderung der Informierten Entscheidung sind insbesondere bei Frauen mit türkischem Migrationshintergrund dringend notwendig und sollten dabei migrationssensibel gestaltet sein.