Der II. Teil dieses Artikels beginnt mit einer kritischen Rekonstruktion und Würdigung von Hannah Arendts Arbeitsbegriff. Hierbei spielt ihre Interpretation von Marx’ politischer Ökonomie und ihre Auseinandersetzung mit seinem Arbeitsbegriff eine besondere und entscheidende Rolle. Moderne Arbeitstheorien nehmen Arendts Arbeitsbegriff nur noch in einem historischen Sinne auf, indem sie ihre phänomenologische und idealtypische Differenzierung von Arbeiten, Herstellen und Handeln referieren, ohne näher auf die für Arendt besondere Bedeutung dieser Differenzierung von Arbeiten, Herstellen und Handeln einzugehen.
Mit dem Ende der Strukturen der alten Industriegesellschaft, dem Entstehen und enormen Wachstum des Dienstleistungssektors, der Krise des Sozialstaates und der Verschuldung der öffentlichen und kommunalen Haushalte wurde in den 1980er Jahren das Ende der Arbeitsgesellschaft ausgerufen. Dies ging einher mit der Entkopplung der Finanzwirtschaft von der Realwirtschaft, dem Rückzug des Staates aus den Sozialsystemen und der Privatisierung öffentlicher und kommunaler Aufgaben. Mit diesem Strukturwandel beschäftigt sich die moderne Arbeits- und Industriesoziologie. Sie beklagt die Engführung des Arbeitsbegriffs auf die betriebliche Erwerbsarbeit zur Herstellung von Gütern, die bis heute noch nicht überwunden ist. Es stellen sich angesichts der Ausdifferenzierung der Gesellschaft in verschiedenste Sub- und Teilsysteme, die sich in verschiedenen Organisationen, Organisationstypen und -strukturen manifestieren, angesichts neuer Arbeitsverständnisse im postfordistischen Zeitalter und angesichts des Strukturwandels von der Industriegesellschaft in eine Informationsgesellschaft, neue Herausforderungen an die Erwerbsgesellschaft und deren Arbeitsbegriff sowie an die staatlichen Institutionen und sozialen Sicherungssysteme.
Im Kontrast zu Arendts Arbeits- und Praxisbegriff ergeben sich dadurch neue kritische Perspektiven auf die Profession und Institution der Supervision. In diesem zweiten Teil wird der Arbeitsbegriff von Arendt rekonstruiert, um dann im dritten Teil ihren Praxisbegriff für die Supervision fruchtbar zu machen.