Entscheidungsträger im Gesundheitswesen sind zunehmend an der Einbindung gesundheitsökonomischer Analysen in den Bewertungsprozess neuer Gesundheitsleistungen interessiert, nicht zuletzt aufgrund steigender Ausgaben im Arzneimittelsektor. Gleichzeitig sind auch pharmazeutische Hersteller bemüht, zu belegen, dass ihre Produkte "good value for money" bieten. Insbesondere bei Empfehlungs- und Erstattungsentscheidungen im Impfstoffsektor gehören gesundheitsökonomische Aspekte mittlerweile in vielen Ländern zum festen Bestandteil des Kriterienkatalogs, der bei der Evidenzbewertung zur Anwendung kommt. Die entscheidungsanalytische Modellierung kann dabei helfen, die Kosteneffektivität von Impfungen zu analysieren. Sie stellt sogar eine Schlüsselmethode bei der Evaluation von Impfungen dar, da sie die Abschätzung langfristiger epidemiologischer und gesundheitsökonomischer Auswirkungen von Impfungen auf Bevölkerungsebene ermöglicht.<br />
Vor diesem Hintergrund verfolgt die Dissertationsschrift das Ziel, einen Überblick über spezifische methodische Herausforderungen der modellbasierten gesundheitsökonomischen Evaluation von Impfungen zu geben und auf Basis einer Reihe von Modellierungsstudien die langfristigen epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Effekte verschiedener Impfungen in Deutschland zu untersuchen. Die Auswahl der evaluierten Schutzimpfungen umfasst Impfstoffe gegen Humane Papillomviren (HPV), das Varicella-Zoster-Virus (VZV) sowie saisonale Influenza.
Mit der Zusammenstellung von acht in Fachzeitschriften publizierten Beiträgen unterschiedlichen Charakters leistet die vorliegende Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der epidemiologischen und gesundheitsökonomischen Konsequenzen von Impfungen in Deutschland. Die Arbeit stellt zugleich eine wertvolle Grundlage für den Entscheidungsfindungsprozess hinsichtlich der Entwicklung oder Überarbeitung von Impfempfehlungen dar. Die Modellanalyse zu den ökonomischen Effekten der Influenza-Impfung zeigt bspw., dass die routinemäßige Impfung von Kindern und Jugendlichen gegen Influenza aus gesellschaftlicher Perspektive eine kostensparende Intervention darstellt. Wie die in die vorliegende Arbeit eingegangenen modellbasierten Studien demonstrieren, ist die Berücksichtigung der Transmissionsdynamik von hoher Relevanz, um neben direkten Impfeffekten auch indirekte Effekte (z. B. Herdenschutzeffekte) in die Ergebnisse einzubeziehen. Die Zusammenstellung der Beiträge macht dabei ebenfalls deutlich, dass sich indirekte Effekte nicht nur positiv, sondern auch negativ auf die Beurteilung einer Impfung auswirken können.<br />
Zukünftig gilt es, die Datenbasis für entscheidungsanalytische Modelle in Deutschland zu verbessern und bislang unberücksichtigte Aspekte in die modellbasierte Evaluation von Impfungen zu integrieren. Dazu zählt u. a. der durch präventive Maßnahmen induzierte Antizipationsnutzen. Bevor entsprechende Effekte jedoch in Modellen berücksichtigt werden können, bedarf es zunächst weiterer Forschung zur Messung dieser Nutzenkomponente.