Gegenstand dieser Untersuchung ist die Konstituierung des Politischen in zentralen Texten
der preußischen Nationalhistoriographie im 19. Jahrhundert. Geschichtsschreibung bedeutete
insbesondere im Zeitalter des Historismus Gegenwartsbestimmung und Zukunftsorientierung.
Vergegenwärtigte Vergangenheit vermittelte nicht nur eine Vorstellung von dem Woher einer
Nation, sondern gab auch Antworten auf die Frage nach deren Wohin und dem dazu
angebrachten Wie: Politisierung der Historie und Historisierung der Politik gingen Hand in
Hand. Geschichtserzählungen erfüllten sinn- und identitätsstiftende Funktionen nicht nur bei
der „Erfindung der Nation“1, sondern auch im Rahmen der politischen (Selbst)Verortung der
(männlichen) Bürger im sich wandelnden Raum des Politischen. Sie trugen gleichzeitig zur
Strukturierung und zur Umformung des politischen Raums bei. Die Arbeit untersucht die
deutschsprachige Nationalhistoriographie des 19. Jahrhunderts diesbezüglich auf ihre
sprachlich-narrativen Konstruktionsprinzipien. Dass die Kategorie Geschlecht als
sinnstiftende Instanz bei der Konstruktion der jeweils als politisch oder unpolitisch
entworfenen Entitäten wirksam wurde, ist eine erkenntnisleitende Arbeitshypothese.