TY - THES AB - Es ist seit fast einem Jahrhundert bekannt, dass Informationen, die vor einer Schlafperiode erlernt werden, besser behalten werden als Informationen, die vor einem entsprechenden Wachintervall erlernt werden. Seit der Entdeckung des Rapid-Eye-Movement-Schlafes (REM) in den 50iger Jahren wurde vor allem dieses Schlafstadium aufgrund seiner physiologischen Besonderheiten funktional mit Gedächtnisbildung in Zusammenhang gebracht. In der Folgezeit erbrachten Untersuchungen zu diesem Thema allerdings heterogene und teilweise inkonsistente Ergebnisse. So wurde immer häufiger auch anderen Schlafstadien eine gedächtnisbildende Funktion zugeschrieben. Beispielsweise wird derzeit deklarative Gedächtnisbildung funktional dem Slow-Wave-Schlaf (SWS) zugeordnet, während prozedurale Gedächtnisbildung funktional dem REM zugeordnet wird. In der vorliegenden Studie wird der Einfluss von vorausgehendem Lernen von deklarativen und prozeduralen Aufgaben auf die nächtliche Schlafarchitektur (Dauer einzelner Schlafstadien) und der Einfluss des Schlafes auf die Gedächtnisleistungen geprüft. Zudem werden das Schlafverhalten und die Gedächtnisleistungen von unterschiedlichen Patientengruppen verglichen. Parkinsonpatienten mit zu erwartenden prozeduralen Gedächtnisbeeinträchtigungen, Patienten mit fokalen Schädigungen im medialen Temporallappen mit zu erwartenden deklarativen Gedächtnisbeeinträchtigungen sowie Patienten einer hirngesunden Kontrollgruppe nahmen an der Untersuchung teil. Alle Patienten bearbeiteten deklarative und prozedurale Gedächtnisaufgaben und verbrachten drei aufeinanderfolgende Nächte im Schlaflabor. Nach der ersten Nacht, die den Patienten zur Adaptation an die Bedingungen im Schlaflabor diente, folgten eine Basis- und eine Experimentalnacht, welche sich durch die zeitliche Abfolge von Schlafphase und Bearbeitung von Lernaufgaben unterschieden. Unmittelbar vor der Experimentalnacht wurden die Gedächtnisaufgaben der Nachtlernbedingung erlernt und am Morgen abgefragt. Zudem erlernten alle Patienten parallelisierte Versionen der Gedächtnisaufgaben in der Taglernbedingung am Morgen und wurden am Abend erneut getestet. Es zeigte sich, dass alle drei Patientengruppen vom Schlaf profitierten. Die Parkinsonpatienten zeigten allerdings keinen Schlafvorteil für die prozeduralen Gedächtnisleistungen, während die Patienten mit fokalen Schädigungen im medialen Temporallappen keinen Schlafvorteil für die deklarativen Gedächtnisleistungen zeigten. Hinsichtlich des Schlafes zeigten sich Zusammenhänge zwischen Gedächtnisleistungen und dem SWS sowie auch dem Schlafstadium 2, aber entgegen den Vorhersagen kein Zusammenhang zwischen dem REM und der Gedächtnisbildung. Die Ergebnisse zeigen, dass die strikte Zuordnung bestimmter gedächtnisbildender Prozesse während des Schlafes zu der Dauer einzelner weniger Schlafstadien eine zu starke Annahme darstellt. Vielmehr deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Zusammenhänge zwischen Gedächtnisbildung und nahezu jedem NonREM-Schlafstadium existieren, insbesondere ein positiver Zusammenhang mit dem Schlafstadium 2 und ein inverser Zusammenhang mit dem Schlafstadium 4. Allerdings zeigten die Ergebnisse dieser Arbeit über alle Analysen sehr konsistent, dass entgegen den Annahmen kein Zusammenhang zwischen der Dauer des REM-Schlafes und den hier untersuchten Gedächtnisleistungen besteht. Ob der REM im Humanbereich funktional mit der Gedächtnisverarbeitung in Zusammenhang steht und in welcher Weise und in welchem Ausmaß Gedächtnisverarbeitung während der NonREM Schlafphasen stattfindet, müssen zukünftige Forschungsarbeiten zeigen. DA - 2004 LA - ger PY - 2004 TI - Gedächtnisverarbeitung im Schlaf : eine Studie mit hirngeschädigten Patienten UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:361-7200 Y2 - 2024-12-26T20:17:20 ER -