TY - THES AB - Meine Arbeit lässt sich anhand von fünf Schwerpunkten illustrieren. Diese sind: (1) das Konzept der mehrdimensionalen Soziallage, (2) das Konzept des Sozialisationsmilieus, (3) die intentionale und nicht-intentionale Erziehung der Eltern, (4) die Bedeutung des kindlichen Subjekts und (5) das Spannungsverhältnis zwischen qualitativem und quantitativem Verfahren. Ich habe mich erstens am Konzept der mehrdimensionalen Soziallage orientiert, weil das frühere Konzept der sozialen Schicht unangemessen ist. Ich versuche es daher mit dem Begriff der Soziallage, in der vorteilhafte und ungünstige Lebensbedingungen nebeneinander existieren. Die Soziallage bezieht sich vor allem auf die zunehmende Statusinkonsistenz und auf den Zusammenhang vertikaler Ungleichheiten und horizontaler Disparitäten. Auch impliziert das Konzept der Soziallage die Dynamisierung objektiver Lebensbedingungen, denen eine Familie im zeitlichen Verlauf ausgesetzt ist. Zweitens beschäftige ich mich mit dem Konzept Sozialisationsmilieu. Ich habe das Sozialisationsmilieu als Verbindung zwischen Makro- und Mikromilieu konzipiert. In dem Sinne setzt sich das Sozialisationsmilieu einerseits aus der unter dem Einfluss der Soziallage durch die sozialen Beziehungen erworbenen moralischen Persönlichkeitsstruktur und andererseits aus den durch die familialen Beziehungen erworbenen erziehungsrelevanten Zielen und Einstellungen der Eltern zusammen. Daher haben Eltern, die sich in einem Sozialisationsmilieu Gleichgesinnter bewegen, nicht nur ein gemeinsames Moralbewusstsein und gemeinsame Erziehungsziele, sondern sie weisen auch ähnliche Erziehungsstile auf, die in den alltäglichen Beziehungen zu ihren Kindern zur Anwendung kommen. Die Sozialisationsmilieus differenziere ich in eine individualistische, eine familistische und eine traditionalistische Variante. Drittens habe ich mich auf die elterliche Erziehung konzentriert. Die elterliche Erziehung bezieht sich auf die Qualität der situationsbezogenen Eltern-Kind-Beziehungen. Eltern aus dem individualistischen Sozialisationsmilieu halten die Erziehung ihrer Kinder zur Selbstbestimmung für wünschenswert. Sie versuchen, ihre Kinder partnerschaftlich wahrzunehmen und mit ihnen vielseitig in Kontakt zu treten. Diese Eltern wenden häufig rationale und emotional sichere Erziehungsstrategien sowie reflexive Sanktionstechniken an. Eltern aus dem familistischen Sozialisationsmilieu zeichnen sich wie diejenigen des individualistischen durch die flexible Wertorientierung der Selbstbestimmung aus. Aber es entsteht der Eindruck, dass sie sich dennoch dem wachsenden Selbstständigkeitsbedürfnis der Kinder nicht angepasst haben. Diese Eltern wenden häufig gefühlsmäßige Erziehungspraktiken an, die liebesorientiert auf die Lösung einer gegebenen Erziehungsaufgabe gerichtet sind. Das traditionalistische Sozialisationsmilieu ist auffällig stark durch eher gehobene Bildungsansprüche und eher machtorientierte Sanktionstechniken charakterisiert, weil Eltern sich eher an gemeinschaftlichen und traditionalen Idealen als an den Bedürfnissen ihrer Kinder orientieren. In diesem Sozialisationsmilieu bestehen die elterlichen Erziehungspraktiken häufig eher aus Befehlen als aus diskursiven Kommunikationen. Viertens habe ich die Rolle des kindlichen Subjekts in der kindlichen Entwicklung herausgearbeitet. Ich gehe davon aus, dass Kinder als aktive Teilnehmer im Rahmen der wechselseitigen Eltern-Kind-Beziehungen anzusehen sind. Im individualistischen Sozialisationsmilieu sind die Kinder sehr selbstbewusst und erhalten viel Hilfe von ihren Eltern, die sie bei der aktiven Bewältigung ihrer Entwicklungsaufgaben unterstützen. So haben diese Kinder individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und ihre Leistungsbereitschaft ist dauerhaft sehr hoch. Im familistischen Sozialisationsmilieu sind die Kinder auch selbstbewusst. Dennoch ist die Kommunikation mit ihren Eltern während ihrer Kindheit seltener und sie ist hierarchisiert. Diese Kinder befinden sich deswegen im Widerspruch zwischen ihrer Selbstbestimmung und ihren praktischen Kommunikationserlebnissen. Die Kinder aus dem traditionalistischen Sozialisationsmilieu erleben einen dauerhaft kritischen Zustand. Die materiellen und immateriellen Belastungen sowie die machtorientierte Beziehungsstruktur motivieren diese Kinder zum konformistischen Urteil. Sofern diese Kinder sich selbst mit ihren negativen Lebensbedingungen identifizieren und zu einem negativen Wohlbefinden kommen, neigen sie zur zurückhaltend-vermeidenden Bewältigungsform oder zur direkten Gegenaktion. Die kindliche Bewältigung führt gerade zu einer Benachteiligung in seiner Kompetenz- und Leistungsentwicklung. Fünftens habe ich mich auf das Mehrebenenmodell und die Kombination des quantitativen mit dem qualitativen Verfahren konzentriert. DA - 2001 KW - Sozialstruktur KW - Familie KW - Sozialisation KW - Kind KW - Entwicklung KW - Soziallage KW - Sozialisationsmilieu KW - Familiale Sozialisation KW - Kindliche Entwicklung LA - ger PY - 2001 TI - Soziallage, Sozialisationsmilieu, familiale Sozialisation und kindliche Entwicklung : zur Weiterentwicklung der sozialstrukturellen Sozialisationsforschung UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:361-4534 Y2 - 2024-11-22T04:40:00 ER -