TY - THES AB - Im Rahmen dieser Arbeit wird davon ausgegangen, dass angesichts des mangelhaften Forschungsstandes über die Arbeit von Tagespflegepersonen die Frage, was Professionalisierung bezogen auf die Kindertagespflege überhaupt heißen mag, noch gar nicht beantwortet werden kann. Das heißt, bevor Professionalisierungsprozesse sinnvoll in Gang gebracht werden können, ist die Frage zu klären, inwiefern das Handeln von Tagespflegepersonen professionalisierungsbedürftig ist. Die Klärung dieser Frage setzt eine Auseinandersetzung mit dem Handlungsrahmen und den Anforderungen, die an diese Betreuungsform gestellt werden, voraus und macht die Einbeziehung der Perspektive der Tagesmütter und -väter auf ihre Arbeit erforderlich. Ausgehend von diesen Überlegungen wurde in dieser Arbeit das Arbeits- und Selbstverständnis von Tagespflegepersonen untersucht: Wie interpretieren sie den Auftrag der Kindertagespflege und welche Herangehensweise halten sie zur Bewältigung der Arbeit für angemessen? Es wurde in den Blick genommen, wie ganz konkret der Umgang mit den Kindern und die Arbeit mit den Eltern gestaltet wird. Im Vordergrund dieser Arbeit stand deshalb die Rekonstruktion der subjektiven Sicht der Tagespflegepersonen auf ihre Arbeit sowie ihr Arbeits- und Selbstverständnis. Die Rekonstruktion der subjektiven Sicht machte zunächst erforderlich, die Kontextbedingungen dieses Beschäftigungsfeldes in den Blick zu nehmen und die Arbeit von Tagesmüttern theoretisch zu fundieren und begrifflich einzuordnen. Ausgehend von der These, dass Erwerbsarbeit ein zentrales Medium sozialer Anerkennung und Wertschätzung in unserer Gesellschaft ist, erfolgte die theoretische Fundierung und begriffliche Einordnung der Arbeit von Tagesmüttern in einer anerkennungstheoretisch unterlegten arbeitssoziologischen Perspektive. Entlang der Begriffe "Arbeit", "Beruf" und "Dienstleistung" wurde die Stellung der Kindertagespflege im System von Arbeit und Erwerb gendersensibel analysiert und herausgearbeitet, welche Anerkennungschancen und Wertschätzungsdefizite daraus für Tagespflegepersonen erwachsen. Die Analyse zeigt im Ergebnis, dass sich die Arbeit von Tagesmüttern auf einem Kontinuum zwischen den Polen "nicht anerkannte prestigearme Laien- bzw. Familienfrauenarbeit" und "professionelle familienbezogene Dienstleistung" verortet werden kann. An welcher Stelle des Kontinuums sich die Tagesmütter bezogen auf ihr subjektives Arbeits- und Selbstverständnis verorten, diese Frage wurde am empirischen Material bearbeitet. Methodologisch wurde einem qualitativen Forschungsansatz gefolgt. Im Zentrum der empirischen Arbeit stand die Durchführung von 20 problemzentrierten Interviews mit Tagespflegepersonen (19 Tagesmütter, 1 Tagesvater). Der Schwerpunkt dieser Interviews lag auf den Leitthematiken aktuelle Arbeits- und Lebenssituation, bisherige (Erwerbs-)Biographie, Motive für die Arbeit als Tagesmutter und eingelagerte Orientierungen, Erfahrungen und Wünsche, individuelle Strategien im Hinblick auf die Bewältigung der gewerbsmäßigen und der familialen Sorgearbeit sowie zukünftige Pläne. Die Auswertung des erhobenen Materials zielte auf die Isolierung typischer Muster des Arbeits- und Selbstverständnisses von Tagespflegepersonen. Im Gang der Analysearbeit konnten unter der Perspektive des Zugangs zur Handlungspraxis und den Kriterien der Einstiegsmotivation und Orientierungen als Bezugspunkte für das Arbeits- und Selbstverständnis vier Typen identifiziert werden: "Distanzierung", "ambivalente Anpassung", "fürsorgliche Intervention" und "professionalisierte Identität". Im Hinblick auf die Generalisierung war entscheidend, wie die Typen mit den allgemeinen Strukturbedingungen des Handelns in der Kindertagespflege als Beschäftigungsfeld zusammenhängen. Die Typen verweisen auf unterschiedliche Modi der Herangehensweise an die Kindertagespflege und ihre Bearbeitung bzw. Bewältigung, die wiederum unterschiedliche Modi des Umgangs mit den prekären Anerkennungschancen der Kindertagespflege spiegeln. Der Beitrag dieser empirischen Untersuchung liegt in der Erkenntnis, dass es der Kindertagespflege an einem verbindlichen Selbstverständnis und gesellschaftlicher Anerkennung als Beschäftigungsfeld fehlt. Somit fehlt auch den Tagespflegepersonen die Basis, auf der sie ein kollektives Arbeits- und Selbstverständnis entwickeln können. Für die Weiterentwicklung der Kindertagespflege als Beschäftigungsfeld ist die Bearbeitung des Anerkennungsproblems von entscheidender Bedeutung. Notwendig erscheint dabei die Klärung der Frage, was die spezifische Leistung der Kindertagespflege ist und was der geeignete Rahmen für die Erbringung der Betreuung als familienunterstützende Dienstleistung ist. DA - 2009 KW - Kind (1-3 Jahre) KW - Tagesbetreuung KW - Tagesmutter KW - Selbstverständnis KW - Soziale Anerkennung KW - Professionalisierung KW - Kindertagespflege LA - ger PY - 2009 TI - Tagesmutter als Beruf : eine Untersuchung über die prekäre Anerkennung der Kindertagespflege als Beschäftigungsfeld und das Arbeits- und Selbstverständnis von Tagesmüttern UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:361-16652 Y2 - 2024-11-23T12:35:45 ER -