TY - THES AB - Einleitung und Hintergrund: Grünräume stellen in Städten eine besondere Ressource für den Schutz und die Förderung der menschlichen Gesundheit dar. Insbesondere aus der Wahrnehmung und Nutzung von urbanen Grünräumen scheinen gesundheitsförderliche Potenziale hervorzugehen, die es genauer zu untersuchen gilt. Im Sinne einer gesundheitsförderlichen Stadtentwicklung können Forschungserkenntnisse für die Planung von Public-Health-Maßnahmen im Setting Stadt(teil) herangezogen werden. Diese Forschungsarbeit ist eingebettet in das von der Fritz und Hildegard Berg-Stiftung geförderte Forschungsprojekt „StadtLandschaft & Gesundheit“. Das Projekt befasst sich im Förderschwerpunkt Stadt der Zukunft mit der gesundheitlichen Bedeutung von urbanen Grünräumen und Gewässern. Zielsetzung und Fragestellung: Diese Arbeit fokussiert auf das individuelle und bevölkerungsgruppenspezifische Nutzungsverhalten, welches sowohl mit den wahrgenommenen Anreizen Grünräume zu nutzen und der menschlichen Gesundheit in Verbindung zu stehen scheint. Im Weiteren werden Hemmnisse einer Nutzung sowie Wünsche und Bedürfnisse der Bevölkerung erschlossen, um daraus Handlungsempfehlungen an die Stadt- und Landschaftsplanung abzuleiten. Methodisches Vorgehen: Mittels einer postalischen Befragung (Selbstangaben) in hochurbanen Wohngebieten der Städte Bielefeld und Gelsenkirchen werden die Wahrnehmung, das Nutzungsverhalten sowie Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung an urbane Grünräume erhoben (randomisierte Stichprobe, N = 6.243, Querschnittstudiendesign, Rücklauf N = 1.041; 17 %, eingeschränkt repräsentativ). Gesundheitsendpunkte sind die gesundheitsbezogene Lebensqualität, ermittelt über das standardisierte Instrument „Short-Form-Survey 12 Version 2.0“ (SF-12v2) sowie der Body-Mass-Index (BMI). Die Auswertungsstrategie liegt in der Untersuchung der (1) Zusammenhänge zwischen den wahrgenommenen Nutzungsanreizen und der Nutzungshäufigkeit von Grünräumen und in der Untersuchung der (2) Zusammenhänge zwischen dem Nutzungsverhalten in Grünräumen und der gesundheitlichen Bedeutung. Neben den Zusammenhängen werden auch Unterschiede in dem gesundheitlichen Befinden zwischen „Häufig- und Selten-Nutzenden“ von Grünräumen untersucht. Insbesondere werden die berechnete Körperliche Summenskala (PCS), die Psychische Summenskala (PCS) und der BMI berichtet. Die Fragebögen werden deskriptiven wie auch induktiv statistischen Auswertungsverfahren unterzogen (u. a. Chi2-Test nach Pearson, Mann-Whitney-Test und logistische Regressionsanalysen zu einem Signifikanzniveau von 5 %). Ergebnisse: Für beide Untersuchungsstandorte wird deutlich, dass mehr als 90 % der Befragten urbane Grünräume nutzen. Unterschiede in der Wahrnehmung von Grünräumen konnten insbesondere nach dem Alter identifiziert werden, so schätzt besonders die jüngste Altersgruppe die Möglichkeiten des sozialen Austausches und die Nutzungsfreiheit an Grünräumen, während die Befragten im mittleren Alter vornehmlich die Funktionalität, eine gute Erreichbarkeit und transportbezogene Anreize von Grünräumen benennen. Ältere empfinden wiederum ästhetische Aspekte und die Möglichkeit des Naturerlebnisses als Nutzungsanreiz von Grünräumen. In der Untersuchung der Zusammenhänge zwischen den Anreizen und der Nutzungshäufigkeit von Grünräumen zeigt sich die Nutzung aus Transportgründen signifikant mit einer gesteigerten Nutzungshäufigkeit assoziiert. Weitere Anreize sind nur vereinzelt (nicht adjustiert) mit der Nutzungshäufigkeit verbunden. Es zeigen sich wesentliche Zusammenhänge zwischen den Nutzungsarten und der Nutzungshäufigkeit. Die Nutzungsarten stehen auch mit den gesundheitsbezogenen Outcomes in Verbindung. So weisen „gemeinsame sportliche Aktivitäten“ schützende Effekte vor Übergewicht oder Adipositas auf und sind signifikant positiv mit einer guten körperlichen Gesundheit verbunden. Mit der psychischen Gesundheit sind dagegen die Nutzungsarten „Spazierengehen“ und „Radfahren“ sowie darüber hinaus die Zufriedenheit mit dem Grünraum verbunden. Zwischen der Nutzungshäufigkeit, der Nutzungsdauer und den gesundheitsbezogenen Outcomes zeigen sich keine belastbaren Zusammenhänge. Dass die Nutzungshäufigkeit ein zentral verbindendes Element zwischen den Nutzungsanreizen und der subjektiven Gesundheit darstellt, konnte in dieser Untersuchung somit nicht bestätigt werden. Jedoch werden vereinzelt signifikante Assoziationen mit der Erreichbarkeit von Grünräumen festgestellt. Dies trifft insbesondere auf die körperliche Gesundheit zu. Diskussion und Handlungsempfehlungen: Die Fragebogenbefragung im gewählten Querschnittstudiendesign erwies sich für die wissenschaftliche Untersuchung der Fragestellungen als geeignet. Limitationen bestehen jedoch in der eingeschränkten Repräsentativität der in Bielefeld und Gelsenkirchen jeweilig gezogenen Stichproben gegenüber den Grundgesamtheiten. In der Zusammenführung der Stichproben sind die Ergebnisse aber wiederum repräsentativ für kleinere Großstädte in Deutschland und leisten somit einen wichtigen Beitrag für die Grundlagenforschung zu der Wahrnehmung, Nutzung und gesundheitlichen Bedeutung von urbanen Grünräumen. Durch die Befragung einer vorwiegend gesunden Bevölkerung und die vorwiegende Teilnahme von Grünraumnutzerinnen und -nutzern zeigten sich allerdings schwächere Effektstärken als erwartet. Verschiedene Handlungsempfehlungen können an die Forschung sowie an die Stadt- und Landschaftsplanung ausgesprochen werden. Für die Forschung ist bedeutend, die Nutzungsanreize von Grünräumen aber auch des Wohnumfeldes im Allgemeinen näher zu untersuchen. So wurden Zusammenhänge zwischen der Zufriedenheit, der Erreichbarkeit und der Nutzungshäufigkeit in dieser Arbeit bestätigt, bedürfen jedoch einer näheren Untersuchung. In Bezug zu der Erreichbarkeit könnten insbesondere geostatistische Analysen die Zusammenhänge objektiv untersuchen und die wissenschaftlichen Erkenntnisse dieser Arbeit ergänzen. Für die Stadt- und Landschaftplanung wird empfohlen, urbane Grünräume gut zu vernetzen und die Wege multifunktional und barrierefrei zu gestalten. Dies kann die Nutzung von Grünräumen weiter erhöhen und die Gesundheit der in Städten lebenden Bevölkerung fördern. Angebote für mehr Bewegungs- und Sportmöglichkeiten sowie Verweil- und Entspannungsmöglichkeiten stellen im Weiteren besondere Bedürfnisse der Bevölkerung dar. Für die Entwicklung und Umsetzung von gesundheitsfördernden Maßnahmen im Setting Stadt(teil) wird die Partizipation der Zielgruppe und die Schaffung einer gesundheitlichen Chancengleichheit empfohlen. Im Sinne einer gesundheitsförderlichen Stadtentwicklung werden insbesondere interdisziplinäre, integrierte und somit ressortübergreifende Handlungsansätze als gewinnbringend angesehen. DA - 2016 LA - ger PY - 2016 TI - Die Wahrnehmung, Nutzung und gesundheitliche Bedeutung von öffentlichen Grünräumen in den Städten Bielefeld und Gelsenkirchen: eine Querschnittuntersuchung im Kontext der gesundheitsförderlichen Stadtentwicklung UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:361-29057548 Y2 - 2024-11-21T21:35:34 ER -