TY - THES AB - Wenngleich die Bedeutung selbstbezogener Kognitionen für emotionale, motivationale und leistungsbezogene Sportlermerkmale einen in der Sportpsychologie viel beforschten Untersuchungsgegenstand darstellt, wurden selbstwertbezogene Facetten bislang nur wenig berücksichtigt. Im besonderen Fokus der vorliegenden Arbeit steht eine sportleistungsbezogene Selbstwertkontingenz, die über das Ausmaß, in dem Sportler ihren Selbstwert von den eigenen sportlichen Leistungen abhängig machen, definiert wird. Ausgehend von der Selbstwertkontingenztheorie von Crocker und Wolfe (2001) wurde postuliert, dass eine sportleistungsbezogene Selbstwertkontingenz einen genuinen Vorhersagewert für annäherungs- und vermeidungsorientierte Leistungsziele von Sportlern besitzt, während kein Zusammenhang mit einer Lernzielorientierung erwartet wurde. Rekurrierend auf die theoretischen Annahmen der Selbstwertkontingenztheorie wurde des Weiteren erwartet, dass eine sportleistungsbezogene Selbstwertkontingenz mit einer Reduktion intrinsischer Erlebensaspekte während der sportlichen Betätigung, einer stark ausgeprägten emotionalen Valenz sportlicher Erfolge/Misserfolge sowie mit einem erhöhten Wettkampfangst- und Belastungserleben der Sportler einhergeht. Die Berücksichtigung des sportartspezifischen Fähigkeitsselbstkonzepts, weiterer Selbstwertfacetten (Selbstwerthöhe und -stabilität) sowie des Selbstwirksamkeitserlebens in Bezug auf die Bewältigung selbstwertrelevanter Anforderungen ermöglichte zum einen die statistische Absicherung der Befunde gegen Drittvariableneinflüsse. Zum anderen konnten dadurch theoretisch suggerierte Wirkmechanismen untersucht werden, u.a. dass affektive Konsequenzen einer Selbstwertkontingenz insbesondere dann auftreten, wenn das Selbstwerterleben schwankt (Crocker & Knight, 2005). Entwickelt und validiert wurde im Rahmen der Arbeit zudem eine deutschsprachige Skala zur Erfassung einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz.

Zusammenfassend weisen die Ergebnisse der zwei querschnittlich angelegten und fragebogenbasierten Untersuchungen von Mannschaftssportlern auf Amateurniveau (N = 207) sowie jugendlichen Fußballern der A-Junioren Bundesliga (N = 95) darauf hin, dass eine sportleistungsbezogene Selbstwertkontingenz ein für die sportpsychologische Forschung und Praxis relevantes Sportlermerkmal darstellt und sich die in der Selbstwertkontingenztheorie von Crocker und Wolfe (2001) formulierten Annahmen im Wesentlichen auf den sportlichen Kontext übertragen lassen. Neben der in der Arbeit realisierten Entwicklung einer ökonomisch einsetzbaren, reliablen und validen Skala zur Erfassung einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz zeigte sich entsprechend der Theorie ein positiver prädiktiver Wert einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz für annäherungs- und vermeidungsorientierte Leistungsziele von Amateurmannschaftssportlern. Die darauf bezogenen Analysen legen des Weiteren nahe, dass ein hohes sportartspezifisches Fähigkeitsselbstkonzept in der selbstwertrelevanten Domäne vermeidungsorientierte Leistungsziele zu verstärken scheint. Damit liefert der Befund einen Hinweis darauf, dass Sportler, die ihren Selbstwert an die sportlichen Erfolge binden, motiviert sind, sowohl ihren Selbstwert als auch ihr Fähigkeitsselbstkonzept in dieser Domäne schützen zu wollen. Entgegen der theoretischen Annahmen ließ sich ebenfalls ein signifikanter Zusammenhang mit auf eine Kompetenzerweiterung gerichteten Lernzielen nachweisen.

In Bezug auf die Bedeutung einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz für emotionale Sportlermerkmale konnte erwartungskonform gezeigt werden, dass die Selbstwertkontingenz anforderungsübergreifend mit einer stärkeren emotionalen Valenz sportlicher Erfolge von Mannschaftsportlern auf Amateurniveau einherging. Ein reduziertes Erleben intrinsischer Erlebensaspekte wie Spaß und Freude an der sportlichen Betätigung für den Fall einer hohen Selbstwertkontingenz ließ sich ebenso wie ein direkter Zusammenhang mit dem Wettkampfangst- und Belastungserleben von A-Junioren-Bundesligafußballern wiederum nicht empirisch bestätigen. Gleichwohl weisen die Ergebnisse darauf hin, dass eine sportleistungsbezogene Selbstwertkontingenz einen Risikofaktor für Wettkampfängste und ein hohes Belastungserleben durch die sportlichen Anforderungen darstellt. Beide Erlebensmerkmale scheinen vor allem dann zu resultieren, wenn selbstwertrelevante Anforderungen (antizipiert oder faktisch) nicht bewältigt bzw. eingetretene Misserfolge nicht selbstwertdienlich reguliert werden können. Damit heben die Ergebnisse der Arbeit insbesondere die Relevanz der Selbstwertstabilität und individueller Bewältigungsmöglichkeiten/-kompetenzen in Bezug auf selbstwertrelevante Anforderungen für affektive Konsequenzen einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz hervor.

Das im Diskussionsteil vorgestellte Rahmenmodell, in dem die Ergebnisse der Arbeit und Überlegungen zur Interpretation der erwartungskonträren Befunde integriert werden, bietet einen möglichen Ausgangspunkt, um weiterführenden Fragestellungen hinsichtlich der Bedeutung einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz für motivationale und emotionale Sportlermerkmale nachzugehen. DA - 2017 LA - ger PY - 2017 TI - Die Bedeutung einer sportleistungsbezogenen Selbstwertkontingenz für motivationale und emotionale Merkmale von Amateur- und Leistungssportlern UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0070-pub-29146279 Y2 - 2024-11-21T20:56:51 ER -