TY - THES AB - Welche Komponenten konstituieren eine „gute“ Lehrkraft und wie kann die universitäre Hochschulbildung die Entwicklung der nötigen Kompetenzen unterstützen? Das Modell der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften nach Baumert und Kunter (2006) dient als Rahmenmodell dieser Dissertation. Die unterschiedlichen Komponenten des Modells können einerseits durch die universitäre Ausbildung erworben werden, zum Teil sind sie aber auch auf interindividuelle Unterschiede zurückzuführen, die bereits vor der Aufnahme des Studiums bestehen und u.a. durch den erlebten Fachunterricht geprägt wurden. Im Verständnis der Eignungshypothese starten Lehrkräfte in ihre universitäre Ausbildung mit bereits gefestigten Lehr- und Lernvorstellungen (LLV). Diese Komponente der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften ist bei Biologielehramtsstudierenden zu Beginn ihrer universitären Ausbildung, trotz ihres großen Einflusses auf die Instruktionsqualität, bislang nicht ausreichend empirisch untersucht. Im Rahmen der vorliegenden Dissertation wurden im Fragenkomplex (1) in Manuskript I zunächst der erlebte Biologieunterricht und seine möglichen Auswirkungen auf die LLV und die daraus resultierende zukünftige Unterrichtsgestaltung der Studierenden erhoben. Die Ergebnisse zeigen, dass der erlebte Biologieunterricht größtenteils lehrerzentriert war, die zukünftige Unterrichtsgestaltung jedoch hauptsächlich schülerzentriert geplant wurde. Entgegen der theoretischen Annahme wurde zwischen den beiden Teilen kein Zusammenhang gefunden. In Manuskript II wurde mit einer differenzierten Erhebungsmethode ebenfalls der Einfluss des erlebten Unterrichts auf die LLV analysiert. Hierbei wurden bei den LLV neben der Trennung in die Dimensionen konstruktiv und transmissiv zwei Perspektiven differenziert: LLV zum eigenen Lernen und zum Schülerlernen. Entsprechend der Mediationshypothese wird die Beziehung zwischen dem erlebten Unterricht und den LLV zum Schülerlernen vollständig durch die LLV zum eigenen Lernen mediiert. Dieser theoriekonforme Befund unterstützt die Hypothese, dass Teile der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften bereits vor der eigentlichen universitären Phase ausgebildet werden. Im Verständnis der Qualifikationshypothese sind Komponenten der professionellen Handlungskompetenz auch durch Lerngelegenheiten im Studium veränderbar. Neben dem Erwerb professionellen Wissens in der akademischen Laufbahn gelten integrierte Praxisphasen als zentrale Möglichkeiten zu Kompetenzerwerb und Anwendung der Wissensbestände. Fragenkomplex (2) untersucht den Erwerb professioneller Handlungskompetenz durch integrierte Praxisphasen. In Manuskript III wurde analysiert, wie das Praxissemester als Langzeitpraktikum fachspezifische Dimensionen der LLV (in beiden Perspektiven) beeinflusst. Aus dem Forschungsstand wurde abgeleitet, dass der erste längere Praxiskontakt durch einen Praxisschock und Handeln unter Druck konstruktivistische LLV abschwächen und gleichzeitig transmissive LLV stärken kann. Die Daten dieser Trendstudie geben jedoch keine Hinweise auf solche negativen Auswirkungen. Vielmehr zeigen sie ein positives Bild von der studienbegleitenden Praxisphase. Ein Erklärungsansatz für die positiven Effekte des Praxissemesters wird in der Rahmung durch das Konzept des Forschenden Lernens gesehen. Zentrales Ziel des Forschenden Lernens ist die Ausbildung einer Forschenden Grundhaltung. In einer längsschnittlichen Studie wurde in Manuskript IV der Effekt des Praxissemesters auf die Forschende Grundhaltung untersucht. Die Ergebnisse zeigen eine Abnahme der Zustimmung zu Teilen der Forschenden Grundhaltung. Eine Erklärung hierfür können die hohen forschungsmethodischen Anforderungen der durchzuführenden Forschungsprojekte und die geringe Zeit für die Planung sein. In Anbetracht der Ergebnisse aus dieser Studie wurde als Teil des Fragenkomplexes (3) in den Manuskripten V und VI ein neues Seminarkonzept zur Vorbereitung auf das Praxissemester entwickelt und in einer Pilotierungsstudie mit einem Interventions-Design evaluiert. Um die Vermittlung der forschungsmethodischen Grundlagen zu optimieren und die Lehr-Lern-Prozesse zu flexibilisieren, wurde das Seminar als digitalisiertes Inverted-Classroom-Konzept umgesetzt, das sich an den Leitlinien einer Open Pedagogy orientiert. Die Umsetzung scheint den Wissenserwerb positiv zu beeinflussen und keine negativen Auswirkungen auf die Erfüllung der psychologischen Grundbedürfnisse zu haben. Als Erklärung für diese Ergebnisse wird das so ermöglichte flexible Lernen angenommen. Als Erweiterung der beiden Studien wurde in Manuskript VII das größtenteils aus eigenverantwortlichem Lernen in der Vorbereitung und Interaktion in der Präsenzphase bestehende Konzept in einer Vorlesung untersucht. Die Ergebnisse der Interviewstudie zeigen eine hohe Zufriedenheit der Studierenden mit den Möglichkeiten des flexiblen Lernens innerhalb dieser Inverted-Classroom-Vorlesung, auch wenn als Nachteil beispielsweise die stärkere Eigenverantwortlichkeit für das Lernen genannt wurde. Die Ergebnisse dieser Dissertation konnten Teile der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften für den Bereich Biologie spezifizieren. Der große Nutzen integrierter Praxisphasen als Verbindung von theoretischem Wissen und praktischer Handlungskompetenz für den Erwerb der nötigen Kompetenz konnte herausgearbeitet werden. Eine Forschende Grundhaltung als Grundlage für das lebenslange Lernen im späteren Beruf und die nötige Digitalisierung der Ausbildung von Lehramtsstudierenden wurden als Kernpunkte einer zeitgemäßen hochschuldidaktischen Lehramtsausbildung beschrieben. DA - 2020 DO - 10.4119/unibi/2950000 LA - ger PY - 2020 TI - Konstruktivistisch, forschend-reflexiv und digital. Hochschuldidaktische Maßnahmen zur Entwicklung der professionellen Handlungskompetenz angehender Biologielehrkräfte UR - https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:0070-pub-29500008 Y2 - 2024-11-22T09:05:38 ER -