Autonome Exploration in der Außenbereichsrobotik ist eine komplexe Aufgabenstellung, die sich mit Navigation und Kartierung in vorab unbekannten Außenbereichsarealen befasst. Motiviert durch die Möglichkeit, Gegenden automatisch zu erkunden, zu denen Menschen keinen Zugang haben oder deren äußere Umweltbedingungen ein zu großes Begehungsrisiko für Menschen darstellen, ist der Nutzen von Robotern, die Explorationsaufgaben bewältigen können, äußerst hoch einzuschätzen. Erkundung von Weltraum, Tiefsee oder Polarregionen sind nur einige ausgewählte prominente Anwendungsszenarien solcher Systeme. In semi- oder unstrukturiertem Gelände stellt eine große Vielfalt an Hindernisformen, Terraintypen und äußeren Störeinflüssen dabei jedoch eine erhebliche Herausforderung für robotische Explorationssysteme dar. Weiter erschwert wird die Aufgabe, wenn die Roboter während der Exploration vollständig autonom agieren sollen. Dabei sind eine Vielzahl an Themenkomplexen zu bearbeiten und schließlich in einem integrierten, robotischen System zusammenzuführen, die für sich genommen bereits eigene Forschungsfelder darstellen.
Die vorliegende Arbeit nimmt sich dieser umfangreichen Aufgabe an und beschreibt ein integriertes System zur Lösung des Problems der autonomen Exploration im unstrukturierten Außenbereichsszenario. Dabei wird ein Team aus Boden- und Flugroboter eingesetzt: AMOR und PSYCHE. Der Flugroboter folgt stets dem Bodenroboter und dient als externe Sensorplattform. Die so entstehende zusätzliche Betrachtung der aktuellen lokalen Szene aus einem fundamental anderen Blickwinkel ermöglicht vollkommen neue Lösungsansätze. Die wissenschaftlichen Innovationen in dieser Arbeit konzentrieren sich neben der Konzeption und Implementierung eines funktionierenden, realen Gesamtsystems auf drei essenzielle Teilkomponenten: Lokalisierung, Umgebungsmodellierung und Pfadplanung.
Für die Lokalisierung des Roboters im erdfesten Koordinatensystem werden zwei neue Verfahren eingeführt, die ohne die zwar etablierte, aber teilweise unzuverlässige GPS-Technologie auskommen. Zum einen wird ein probabilistischer Algorithmus vorgestellt, der eine Schätzung der aktuellen Pose des Roboters ausschließlich auf der Basis von Daten aus Koppelnavigation und metrisch-topologischen Kartendaten ermittelt. Zum anderen wird eine Registrierung des Live-Luftbilds des kooperierenden Flugroboters mit einem georegistrierten Kartenausschnitt aus einer Kartendatenbank durchgeführt, um eine präzise Lokalisierung des im Live-Luftbild sichtbaren Bodenroboters zu erreichen.
Die Umgebungsmodellierung des Roboterteams wird durch Fusion von Daten aus multiplen, sowohl redundanten als auch komplementären, Sensorquellen erreicht, darunter mehrere aktiv bewegte Laserscanner und verschiedene Kameras. Das Ergebnis der Modellierung ist nicht wie häufig üblich eine Punktwolke, sondern ein Dreiecksnetz, das die geometrische Beschaffenheit der Umwelt nicht als ungeordnete Menge von Punkten, sondern als Oberfläche beschreibt. Zusätzlich angereichert wird das geometrische Modell mit visuellen Informationen. Dabei kommen Kameras mit entozentrischem und katadioptrischem Objektiv auf dem Bodenroboter sowie eine Luftbildkamera auf dem Flugroboter zum Einsatz, wobei die Nutzung von Luftbilddaten eines Flugroboters in Echtzeit eine innovative Erweiterung des Stands der Technik darstellt. Das resultierende Modell kann zur Lösung von Problemen herangezogen werden, die mit einem rein geometrischen Modell nicht lösbar gewesen wären, wie etwa die Unterscheidung ebener Teilflächen, die verschiedenen Untergrundformen entsprechen.
Bezogen auf die Pfadplanung eines autonomen Roboters bedeutet Exploration, dass kollisionsfreie Pfade geplant werden, die den Roboter aus der bekannten Umgebung ausbrechen lassen und ins Unbekannte führen. Aufgrund der meist vorherrschenden Start-Ziel-Planungsdirektive sind explorationsgetriebene Algorithmen jedoch unterrepräsentiert. Aus diesem Grund wird in dieser Arbeit eine neue Methode zur explorativen lokalen Pfadplanung auf der Basis von Rapidly Exploring Random Trees eingeführt. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf einer effizienten Ermittlung aller sogenannten Explorationspfade. Die explorative Pfadplanung wird dabei sowohl von klassischen geometrischen Merkmalen als auch von visuellen Merkmalen im zuvor registrierten Luftbild geleitet.
Die entwickelten Verfahren werden experimentell in einer ganzen Reihe von Situationen unter realen Bedingungen im Außenbereich mit dem vollständig autonom operierenden Roboterteam verifiziert und quantifiziert.