Die Beiträge des Sammelbandes „Construiere et éprouver, dans l’espace et dans la pensée. Points de rencontre entre l’architecture et la philosophie / Konstruieren und erfahren – im Raum und in der Idee. Schnittpunkte zwischen Architektur und Philosophie“ setzen sich aus ausgewählten Vorträgen zusammen, deren größter Teil anlässlich der ersten Tagung der „Internationalen Gesellschaft für Architektur und Philosophie“ / „Société Internationale pour l’architecture et la philosophie“ (IGAP/SIAP) vom 01. - 03. Juli 2012 an der Universität Siegen gehalten wurde. Die Gesellschaft ist im Dezember 2010 als internationales Diskussionsforum gegründet worden. Sie dient dem Dialog zwischen Philosophie, Architektur und Architekturtheorie in seiner historischen und systematischen Vielgestaltigkeit und das unter besonderer Berücksichtigung der Vielfalt der deutschen und französischen Traditionen der Forschung zu diesen Themenfeldern.
Der dreisprachige Band spiegelt den explorativen Charakter der Tagung und zeigt auf vielfältige Weise Konstellationen von theoretischen und historischen Begegnungen zwischen Architektur und Philosophie auf. Der erste Teil untersucht am Beispiel historischer Verbindungen zwischen Architekten und Philosophen den wechselseitigen Bezug beider Disziplinen aufeinander, der sich auf die Konzepte von System und systematischer Natur, ausgerichtet an zeitgenössischen Reflexionen der Idee des Systems im Kontext der Kantischen und postkantischen Philosophie, stützt. Im zweiten Teil wird die Architektur im Horizont der menschlichen Erfahrung des Raumes diskutiert. Dies geschieht aus psychologischen, psychoanalytischen und phänomenologischen Perspektiven. Der dritte Teil setzt sich aus philosophischen und ästhetischen Studien zu bestimmten historischen architektonischen Formen zusammen, die durch die Frage nach der Wirkung dieser Formen auf den Rezipienten bestimmt sind. Der vierte Teil spiegelt ein wichtiges Anliegen der Gesellschaft, d.i. die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses: zwei Nachwuchsforscher aus der Philosophie kommentieren jeweils ein Entwurfsprojekt von Studierenden der Architektur.
Die Vielfalt (einschließlich des Formalen) der Texte des Sammelbandes entspricht der disziplinären Offenheit der Gesellschaft: es gibt Beiträge, die textexegetisch einen speziellen philosophischen oder auch allgemeiner philosophiehistorischen Ansatz haben und solche, die zudem anschauliche Reflexionen aus der Sicht der architektonisch-ästhetischen Praxis bieten, und schließlich solche, die im Kontext beiderlei Metiers bisher unerforschte Wechselwirkungen zwischen Architektur und philosophischer Theorie behandeln. Der Charakter der Beiträge entspricht den Leitgedanken der Gesellschaft: a) die Überwindung der disziplinären Grenzen zwischen Architekten, Architekturtheoretikern, Architekturhistorikern und Philosophen; b) die Erörterung der Beziehung zwischen Architektur und Philosophie, auf einer großen historischen Basis, die sich bis ins XX und XXI Jahrhundert erstreckt; c) die Verwendung der Materialien aus Ästhetik, Philosophie, Architekturtheorie und Kunstgeschichte, die sich nicht auf einen zeitgenössischen Ansatz beschränkt; d) die Förderung einer umfassend angelegten anthropologischen Reflexion über Architektur und menschlichen Raum, anstelle einer Reflexion, die bloß intradisziplinär und intraakademisch ist.