Der Zyklus als Epochensignatur der literarischen Moderne bildet den Ausgangspunkt der vorliegenden Arbeit, wobei die Moderne primär in ihrer expressionistischen Variante betrachtet wird. Der Zyklus im Expressionismus wird in Kurzform anhand mehrerer und ausführlich anhand zweier Werke, dem Gedichtzyklus Der Aufbruch von Ernst Stadler und dem Prosazyklus Gehirne von Gottfried Benn, dargestellt und analysiert. Die Renaissance und Abwandlung
dieser traditionellen Kompositionsform wird im Zusammenhang zeittypischer Phänomene, d. h. der insgesamt krisenhaften Umbruchssituation der Jahrhundertwende begriffen, mit der sich die ästhetische Moderne auf vielfältige Weise auseinandersetzt. Die Analyse fokussiert die Gedichte bzw. Novellen in ihrer zyklischen Doppelfunktion als Einzel- und zugleich Teiltexte sowie in ihrer spezifischen Plazierung im zyklischen Ganzen. Hierin manifestiert
sich insbesondere die widersprüchliche Gleichzeitigkeit von Totalität und Fragmentarismus, von Sinnverlust und Sinnstiftung, die den Zyklus als charakteristische Gestaltungsform der
Moderne ausweist.