Das Ziel der Arbeit war die Entwicklung einer Simulationssoftware zur numerischen Modellierung der inneren Korrosion bei hohen Temperaturen. Das dabei verwendete Modell auf Basis der Methode des zellularen Automaten wurde anhand von experimentellen Ergebnissen an Nickelbasis-Modelllegierungen verifiziert und auf komplexe Szenarien angewendet.
Generell ist Hochtemperaturkorrosion ein Schädigungsmechanismus, der an der Oberfläche von technischen Komponenten stattfindet. Im Falle der inneren Korrosion dringen korrosive Spezies in das Material ein, so dass sich innere Ausscheidungen wie Oxide (Oxidation), Nitride (Nitrierung) und Karbide (Aufkohlung) bilden. Für fast alle metallischen und keramischen Werkstoffe sind diffusionskontrollierte Ausscheidungsprozesse von besonderer Bedeutung. Neben einem signifikanten Massetransport durch Diffusion finden bei hohen Temperaturen chemische Reaktionen und Phasenübergänge statt.
Letztendlich führt die Korrosion zu einer deutlichen Verschlechterung der Eigenschaften eines Materials, zum Beispiel zur oberflächennahen Versprödung oder der Auflösung von härtenden Phasen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurde ein numerisches Werkzeug auf Basis der Methode des zellularen Automaten entwickelt, um Hochtemperaturkorrosionsprozesse zu beschreiben und vorherzusagen. Innerhalb des Modells wird das Diffusionsgebiet in ein System aus Zellen unterteilt, die mit unterschiedlichen Zuständen belegt werden. Mit jedem Iterationsschritt können diese Zustände in andere Zustände transformiert werden. Diese Transformationen sind abhängig von der Wechselwirkung mit den Nachbarzellen und damit verknüpften Übergangsregeln. Durch die Definition von physikalisch aussagekräftigen Zuständen und den besagten Übergangsregeln können so auch komplexe Szenarien beschrieben, auf reale Experimente angewendet und diskutiert werden. Ausgehend von einem einfachen Ansatz zur Beschreibung der Diffusion wurde das Modell sukzessive aufgebaut und erweitert. Durch das entwickelte Modell werden Diffusions- und Keimbildungsprozesse, Schichtbildung, Ausscheidungskinetiken und Korngrenzendiffusion durch die Übergangsregeln abgebildet. Zur Verifikation wurden Parameterstudien anhand der Nitrierung von einfachen Nickelbasis-Modelllegierungen durchgeführt. Außerdem wurde das Modell auf komplexe Materialien, wie zum Beispiel auf die Nickelbasislegierungen Alloy 80a und Inconel 625 Si oder den Rohrstahl X60, angewendet. Die Ergebnisse des zellularen Automaten wurden außerdem mit den Simulationsergebnissen anderer numerischer Verfahren verglichen, kritisch betrachtet und die Limitierungen diskutiert. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Ausblick auf mögliche Erweiterungen und Optimierungen des Modells.