Die Bestimmung spezifischer Materialeigenschaften bildet die Grundlage für eine Vielzahl wissenschaftlicher, industrieller und technischer Verfahren, die zur Material- und Materialerkennung von Probensubstanz eingesetzt werden. Anhand dieser charakteristischen Eigenschaften kann sowohl der Vergleich und die Einordnung der Substanzen durchgeführt werden, als auch die Ableitung zugrunde liegender physikalischer Mechanismen und weiterer Materialgrößen erfolgen. Dabei bringt die Extraktion derartiger Materialeigenschaften aus spektroskopischen Untersuchungen im Terahertz(THz)-Bereich verschiedene Vorteile mit sich. Viele für die Materialanalyse relevante Stoffe weisen in diesem spektralen Bereich, zwischen den Abschnitten der IR- und Mikrowellenstrahlung, spezifische Absorptionscharakteristika auf. Weiterhin wird THz-Strahlung von typischen Verpackungsmaterialien wie Textilien, Kunststoffen oder Papier nur geringfügig absorbiert, während diese im Optischen undurchsichtig sind. Somit lassen sich auch Verbundsysteme aus diesen Materialien untersuchen und eingeschlossene Substanzen können erfassen werden, ohne dabei auf ionisierende Strahlung zurückgreifen zu müssen. Die THz-Zeitbereichs-Spektroskopie ist dabei eine weit verbreitete Messmethode, aus deren Spektraldaten die Materialeigenschaften, wie etwa dem komplexen Brechungsindex oder der komplexen Leitfähigkeit, extrahiert werden können. Diese Systeme ermöglichen die Messung von Amplituden- und Phaseninformation, nicht nur von Intensitäten, und decken dabei gleichzeitig einen breiten Frequenzbereich ab.
Durch die kontinuierliche Entwicklung von neuartigen Materialien, Kompositwerkstoffen und Fertigungstechniken, sowie der stetigen Evolution der THz-Systeme, ergeben sich immer wieder neue Anwendungsgebiete für die Ermittlung von Materialeigenschaften im THz-Bereich. Gleichzeitig zeigt sich dabei auch, dass die klassischen, dem Stand der Technik entsprechenden Verfahren zur Handhabung und Bestimmung dieser Eigenschaften aus spektroskopischen Messungen zunehmend an ihre Grenzen stoßen und vermehrt fehlerhaft arbeiten, wodurch sie nicht mehr uneingeschränkt einsetzbar sind.
In dieser Arbeit werden vier solcher Szenarien behandelt. Die bestehenden Verfahren werden im Kontext des jeweiligen Anwendungsfalls untersucht und die Ursache für deren Einschränkungen ermittelt. Darauf basierend werden entsprechend neue und erweiterte Methoden zur Bestimmung und Verarbeitung von Materialeigenschaften entwickelt, validiert und bewertet.
Im ersten Fall wird gezeigt, dass mit dem entworfenen rekursiven Propagationsmodell die Beschreibung und Analyse von mehrschichtigen Probensystemen beliebiger Schichtdicken ermöglicht werden. Demgegenüber versagen die klassischen Ansätze bei ausschließlich dünnen Schichten und der Kombination dünner und dicker Schichten, da sie die Mehrfachreflexionen innerhalb dieser Schichtsysteme, im Gegensatz zu dem rekursiven Ansatz, nicht korrekt abbilden können.
Anhand des zweiten Falls wird demonstriert, dass sich die Modellierung von Materialeigenschaften nicht nur zur Prognose der THz-Eigenschaften eignet. Unter Verwendung des vorgestellten Verfahrens kann diese Modellierung auch zur Bestimmung der Messsystemanforderungen, die zur Analyse derartiger Probe notwendig sind, genutzt werden.
Die Bestimmung der Leitfähigkeit dünner Schichten, etwa Graphen, wird als drittes Anwendungsszenario untersucht. Die Verwendung der erarbeiteten erweiterten Dünnfilmnäherung ermöglicht es dabei, die systematischen Fehler, die bei der Nutzung der klassichen Näherung eingebracht werden, zu vermeiden. Als Konsequenz können damit auch die aus der Schichtleitfähigkeit ableitbaren Materialgrößen, wie die Relaxationszeit und das chemische Potential, ohne die Einflüsse dieser Fehler bestimmt werden.
Im vierten Fall wird die Anwendung von materialmodellbasierten Methoden zur Bestimmung der Materialeigenschaften von Substanzen mit starken Absorptionscharakteristika demonstriert. Es wird gezeigt, dass durch die Verwendung des entwickelten modellbasierten Zeitbereichsverfahrens, gegenüber dem entsprechenden Ansatz im Frequenzbereich und dem klassischen Verfahren ohne Materialmodel, Materialeigenschaften mit einem um drei Größenordnungen geringeren mittleren quadratischen Fehler bestimmt werden können. Dabei wird weiterhin deutlich, dass diese Robustheit des Zeitbereichsansatzes auch dann erhalten bleibt, wenn weite Abschnitte der Absorptionslinien unterhalb des Grundrauschen liegen.
Die erarbeiteten Verfahren ermöglichen es somit, verschiedene bestehende Limitierungen in den Standardansätzen zur Bestimmung und Auswertung von Materialeigenschaften im THz-Bereich zu überwinden, wodurch zuvor nicht auswertbare Szenarien untersucht werden können. Auch für zukünftige Anwendungsgebiete der THz-Analyse kann damit auf eine vielseitigere Auswahl an Verfahren und Vorgehensweisen zurückgegriffen und aufgebaut werden.