Das Standard-Modell der Teilchenphysik hat sich als verlässliche Theorie für die Beschreibung der Wechselwirkung zwischen elementaren Teilchen erwiesen. Mit der Entdeckung des Higgs-Bosons am Large Hadron Collider (LHC) sind alle heoretisch-vorhergesagten Teilchen des Standard-Modells beobachtet worden. Damit sieht sich die Teilchenphysik neuen Herausforderungen gegenübergestellt, wie die weitere Validierung des Standard-Modells voranzutreiben oder nach neuer Physik jenseits des Standard-Modells zu suchen. Beides ist durch präzisere und umfangreichere Messungen und experimentelle Daten-Analysen am LHC oder anderen zukünftigen Kollider-Experimenten möglich.
Monte-Carlo–Event-Generatoren sind ein wichtiges Werkzeug für Messungen und experimentelle Daten-Analysen, sowie für theoretische Vorhersagen für Kollider-Experimente. Sie basieren auf der “acceptance-rejection”-Methode für die Event-Erzeugung mit einer vorgegebenen Wahrscheinlichkeitsverteilung im Konfigurationsraum. Diese wird ergänzt durch die Methoden der Monte-Carlo–Integration desd-dimensionalen Phasenraumes mit d = 3n - 4 Freiheitsgraden eines n-Teilchen Endzustands, wofür die Anwendung von klassischen, numerischen Integrationsregeln bei großen n > 4 von Nachteil sind. Dabei sind Monte-Carlo–Integration und Event-Erzeugung durch das sogenannte „importance sampling“ eng miteinander verbunden. Die Anwendung von iterativen und adaptiven Monte-Carlo–Algorithmen für numerischen Integration erlaubt es uns die Effizienz der Event-Erzeugung mit einer vorhergehenden Monte Carlo-Integration zu optimieren.
Wir stellen die Parallelisierung des doppelt-adaptiven Monte-Carlo–Algorithmus Vamp unter der Benutzung der Paradigmen aus OpenMP und MPI vor, mit Rücksichtnahme auf die Minimierung des Kommunikationsbedarfs und einer Methode der Effizienz-Verbesserung der Parallelisierung durch einen statischen Last- und Arbeitsverteiler. Wir haben eine neue Implementation dieses doppelt-adaptiven Algorithmus, Vamp2, für die adaptive Monte Carlo-Integration und Event-Erzeugung geschrieben, welcher als Teil des Monte Carlo Event-Generators Whizard verfügbar ist. Ingesamt können wir eine Verbesserung der Integrationslaufzeit für typische Anwendungsfälle an Kollider-Experimenten im Rahmen von Whizard um die Ordnung 10 erreichen, sodass sich die Rechenzeit von Tagen oder Wochen auf Stunden reduziert.
Wir verwenden die parallelisierte Integration in einer ersten Anwendung im elektroschwachen und Higgs-Bereich des Standard-Modells für hohe Energien an der TeV-Skala, welche am LHC erreichbar sind. Hierzu betrachten wir die Rolle von transversal-polarisierten Eichbosonen und dem Higgs-Boson in Vektorboson-Streuung (VBS), dass heißt, der Streuung von W und Z Boson in Paaren zu W, Z und Higgs.
In einem “bottom-up”-Ansatz der effektiven Feldtheorie des Standard-Modells können wir auf modell-unabhängige Weise anomale Beiträge durch mögliche neue Physik mit dimension-acht Operatoren modellieren. Dabei stellen wir Relationen für die dimension-acht Operatoren für verschiedene Darstellungen des Higgs-Feldes auf, um Vergleiche zwischen unseren Resultaten und existierenden Studien zu ermöglichen.
Es zeigt sich, dass eine Beschreibung der VBS-Prozesse bei diesen hohen Energie durch die effektiven Feldtheorie die Unitarität der Streumatrix verletzt. Durch die Anwendung des “T-matrix” Unitaritätsverfahren können wir die Unitarität der Theorie und damit das verletzte Grundprinzip der Quantenfeldtheorie wiederherstellen. Die dadurch definierten vereinfachten Modelle erlauben uns quantitative Aussagen über (typische) Szenarien neuer Physik zu studieren und mögliche zusätzliche Event-Raten über die Standard-Modell Vorhersagen hinaus durch Obergrenzen abzuschätzen. Davon können wir die Sensitvität auf Resultate für neue Physik am LHC abstecken.