Aufgrund endlicher fossiler Brennstoffreserven erfordert die Auslegung zukünftiger Verbrennungssysteme erhöhte Wirkunggrade und reduzierten Brennstoffverbrauch. Gleichzeitig müssen die Abgasemissionen kontrolliert werden, da sie unsere Umwelt belasten. Einer der modernen verbrennungstechnischen Ansätze ist die Anwendung von turbulenten Vormischflammen unter hohem Druck, beispielsweise in Gasturbinen- Brennern. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Entwicklung effizienter numerischer Berechnungsverfahren solcher turbulenter Vormischflammen unter erhöhtem Druck. Hierbei spielen molekulare Transportvorgänge und dynamische Flammenvorgänge eine wichtige Rolle. Fünf verschiedene Brennerkonfigurationen wurden dafür in dieser Arbeit untersucht, die durch unterschiedliche Komplexität charakterisiert sind. Sie reichen von einfachen Bunsenflammen bis zu industriellen Gasturbinen-Brennern.
Die Dissertation befasst sich mit drei wesentlichen Themen.
Erstens wurden verschiedene Reaktions-Modelle für die Berechnung turbulenter Vormischflammen getestet. Dies wurde anhand eines breiten Datensatzes von Bunsenflammen bei variiertem Druck und Brennstoff durchgeführt, bei denen das Strömungs- und Turbulenzfeld relativ einfach strukturiert sind, so dass dieses mit der Methodik der gemittelten Navier-Stokes-Gleichungen (Reynolds averaged Navier- Stokes Simulation - RANS) berechnet werden konnte. Aufgrund der mangelhaften Vorhersagegüte von vielen der existierenden Reaktionsmodellen bei erhöhtem Druck und bei variiertem Brennstoff wurde hier ein neues Modell entwickelt. Dieses enthält eine algebraische Berechnungssgleichung der Verwinkelung der Flammenoberfläche (Algebraic Flame Surface Wrinkling (AFSW) Modell). Es ist in der Lage, den gesamten breiten Satz an über 100 Bunsenflammendaten recht gut zu beschreiben. Der Einfluss des Brennstoffes wurde hierbei über eine Lewiszahl beschrieben. Dies zeigt, dass molekulare Transportvorgänge sogar bei hohen Turbulenzbedingungen einen unerwartet starken Einfluss auf die mittlere Reaktionsrate haben. Auch die Anwendung dieses AFSW-Modelles auf andere Brennerkonfigurationen zeigte eine beachtliche Anwendbarkeit, beispielsweise bei der Berechnung eines Gasturbinen- Brenners bis zu 32 bar Betriebsdruck. Bei einer Brennstoff- (Lewiszahl-) abhängigen Berechnung eines Gasturbinen-Brenners wurde gefunden, dass die dynamische Flammenstabilisierung im Zusammenhang mit der strömungsmechanischen Wirbelaufbruch-Stabilisierung stark von dieser Lewiszahl (also dem Brennstoff) abhängen kann. Alternativ wurde das Reaktionsmodell von Lindstedt und Váos recht erfolgreich mit ähnlichen druck- und Lewiszahlabhängigen Termen erweitert (was im Anhang der Arbeit beschrieben ist).
Zweitens wurde das neu entwickelte Reaktionsmodell auch im Zusammenhang der in der Strömungsmechanik in den letzten Jahren eingeführten zeitabhängigen Large- Eddy-Simulationsmethode (LES) erprobt. Hier wurde das AFSW-Reaktionsmodell als Subgrid-scale-Modell (sgs) formuliert und im Zusammenhang mit drei sgs-Turbulenz- Modellen erprobt. Vergleiche der Flammenlänge und der Flammenzonenausbreitung zeigen die erfolgreiche Anwendbarkeit auch bei Brennern mit komplexen Strömungsformen mit Rezirkulation und Drall. Dieser Ansatz erlaubte erstmalig die Berechnung und Erklärung einer experimentell beobachteten Doppel-Flammen- Instabilität eines speziellen Gasturbinen-Brenners.
Drittens wurde als Ausblick auf zukünftige Arbeiten die Berechnung von Wasserstoffangereicherten Methanflammen untersucht, was beispielsweise für zukünftige CO2- arme Brennerkonzepte von Bedeutung ist. Da Wasserstoff aufgrund seiner geringen Masse eine erheblich höhere molekulare Diffusionskonstante als andere Brennstoffe besitzt, ist dies eine nichttriviale Herausforderung für jedes Reaktionsmodell. Eine analytische Abschätzung und erste Berechnungen mit der RANS-Methodik zeigen, dass das AFSW-Modell die bei diesem Brennstoff auftretenden Effekte durch bevorzugte molekulare Diffusionsvorgänge nicht ausreichend beschreibt. Als Ausblick wird eine Modellerweiterung mittels einer chemischen Zeitskala vorgeschlagen, die auf einem "Leading-point"-Konzept von "kritisch gekrümmten" laminaren Flammen beruht. Zur Validierung dieses neuen Ansatzes sind weitere Studien notwendig.