Die Untersuchung der Stoffwechselvorgänge von Mikroorganismen in Produktionsprozessen mit einem sich zeitlich ändernden metabolischen Zustand war mit der etablierten Methode der 13C-Stoffflussanalyse (SFA) auf Grund der langen Markierungszeiten bisher nicht möglich. Die fortschreitende Entwicklung auf dem Gebiet der massenspektrometrischen Analyse ermöglicht es heute, die Markierung direkt in den Metaboliten des Zentralstoffwechsels zu messen, wo sich ein isotopisch stationärer Zustand schon nach deutlich kürzerer Zeit einstellen kann. Übergreifendes Ziel dieser Arbeit war es, diese Markierungsdaten zu nutzen und die Dauer der Markierungszeit soweit zu verkürzen, dass der Stoffwechsel von Bakterien in Produktionsprozessen - Batch- oder Fedbatch-Prozessen - untersucht werden kann. Im ersten Teil der Arbeit wird die isotopisch stationäre SFA auf Basis der Markierungsdaten
der intrazellulären Metabolite des Zentralstoffwechsels für den E. coli K12 Wildtyp und einen Produktionsstamm betrachtet. Bei Zugabe markierter Glukose direkt zu Beginn der Kultivierung und mehrstündiger Markierung in der exponentiellen Wachstumsphase (Batch) wurden mit dem Wildtyp zu Literaturdaten vergleichbare Stoffflüsse bestimmt. Zur Untersuchung der Stoffwechselveränderungen im Produktionsprozess von (3R,4R)-Dihydroxy-3,4-Dihydrobenzoesäure wurde mit Hilfe des Sensorreaktors (El Massaoudi 2004) zu verschiedenen Zeitpunkten des Fedbatch Prozesses markiert. Bei der SFA zeigten sich große Abweichungen zwischen den gemessenen und angepassten Markierungsdaten. Die Erweiterung des metabolischen Modells um zusätzliche unmarkierte Zuflüsse führte zu einer wesentlich besseren Anpassung und biologisch erklärbaren Stoffflüssen. Auf Basis des Vergleichs mit optimalen Flüssen (Flux Balance Analyse) wurden genetische Optimierungspotentiale abgeleitet. Im zweiten Teil der Arbeit wird die SFA auf Basis von isotopisch instationären Markierungsdaten untersucht. Es wird die Entwicklung einer schnellen Probenahmetechnik zur Gewinnung von zeitlich aufgelösten Markierungsdaten vorgestellt. Es wurden verschiedene in der Literatur beschriebene Methoden zur Extraktion der Metabolite untersucht und die Ergebnisse werden hier diskutiert. Mit einem E. coli Wildtyp wurden zwei Markierungsexperimente durchgeführt und die Markierungsanreicherung und Metabolitkonzentrationen im Zentralstoffwechsel gemessen. In der Glykolyse wird wie erwartet schon nach wenigen Sekunden ein isotopisch stationärer Zustand erreicht. Die Markierungsanreicherung im Zitronensäurezyklus ist hingegen sehr viel langsamer. Als mögliche Ursache wird ein Rückfluss aus Speicherpools außerhalb des Zentralstoffwechsels diskutiert. Durch die Berücksichtigung von unmarkierten Rückflüssen in den Zentralstoffwechsel im metabolischen Modell kann eine gute Anpassung der Markierungsverläufe erreicht werden. Verschiedene Modellvarianten wurden untersucht und werden hier diskutiert. Im Vergleich zur isotopisch stationären SFA wurde festgestellt, dass die Standardabweichung der berechneten Flüsse vielfach geringer ist. Insbesondere die anaplerotischen Flüsse und die Austauschflüsse sind wesentlich besser bestimmt. In dieser Arbeit wird prinzipiell gezeigt, dass auf Basis der Daten aus einem Markierungsexperiment mit sehr kurzen Markierungszeiten von wenigen Sekunden Dauer mit Hilfe der isotopisch instationären SFA zuverlässig die Stoffflüsse im Zentralstoffwechsel bestimmt werden können. Es werden das Potenzial aber auch die notwendigen Weiterentwicklungen der neuen Methode diskutiert.