Mit der vorliegenden Arbeit soll ein Beitrag zur Entwicklung neuer hochtemperatur-oxidationsbeständiger metallischer Molybdän-basierter Legierungen für Einsatztemperaturen jenseits der Nickelbasis-Superlegierungen (> 1100 °C) geleistet werden. Zur Steigerung der Hochtemperaturfestigkeit und Oxidationsbeständigkeit wird Molybdän mit Silizium und Bor unter Ausscheidung eines Molybdän-Mischkristalles und den intermetallischen Phasen Mo 3 Si und Mo 5 SiB 2 (T2-Phase) legiert.
Die mikrostrukturelle Charakterisierung der Oxidationsprodukte erfolgt mittels mikroskopischer Methoden (analytische Rasterelektronenmikroskopie, fokussierte Ionenstrahlung, Transmissionselektronenmikroskopie) als auch über Röntgendiffraktometrie und Raman-Spektroskopie.
Zum grundlegenden Verständnis der kinetischen Eigenschaften werden die neuartigen Mo-Si-B-Legierungen in Abhängigkeit von der Phasenzusammensetzung und der Umgebungsatmosphäre bei niedrigem und sehr niedrigem Sauerstoffpartialdruck sowie erhöhtem Wasserdampfpartialdruck isotherm durch thermogravimetrische Versuche im Temperaturbereich von 750 bis 1300 °C eingehend charakterisiert. Simultan finden mittels der computergestützten Thermodynamik theoretische Abschätzungen über die zu erwartenden Phasen statt. In diesem Zusammenhang konnte festgestellt werden, dass eine gleichsam oxidationsbeständige wie mit guten mechanischen Eigenschaften behaftete Mo-Si-B-Legierung die Basiszusammensetzung Mo-9Si-8B (at.%) aufweisen soll. Die durch die Prozessroute des mechanischen Legierens und der Pulvermetallurgie für diese Legierungszusammensetzung realisierbare kontinuierliche Molybdän-Mischkristall-Matrix bietet neben ausreichender Duktilität durch einen Anteil der intermetallischen Phasen von 50 vol.% eine, nach anfänglicher Verdampfung von MoO 3 , ausreichende Barriere gegen oxidativen Angriff durch Aufbau einer Borsilikatschicht im Temperaturbereich von 1000-1300 °C.
Zur gezielten Optimierung des Oxidationsverhaltens in Luft wurden legierungstechnische Maßnahmen in Form von Mikro- und Makrolegieren sowie eine konditionierende Voroxidationsbehandlung umgesetzt. Grundsätzlich zeigen Versuche zum Mikrolegieren, dass Verunreinigungen in Form von in der Borsilikatschicht resistenten Partikeln Eigenschaften wie Viskosität und Diffusivität dauerhaft verändern können. Das Zulegieren von Zirkon bewirkt gleichsam eine Verfeinerung der Phasenverteilung, was zu verringertem Masseverlust durch verdampfendes MoO 3 und reduzierten Oxidationsraten führt. Eine bei Temperaturen oberhalb von 1150 °C zu beobachtende Phasenumwandlung von ZrO 2 konnte durch die Voroxidationsbehandlung effektiv unterbunden werden, was die Oxidationsbeständigkeit der Legierung Mo-9Si-8B-1Zr (at.%) bei Temperaturen oberhalb von 1150 °C um Größenordnungen steigert. Weiterhin wurde gezeigt, dass ausgehend von der Grundlegierungszusammensetzung Mo-9Si-8B hinsichtlich des Legierens mit Cr zum Aufbau einer im Temperaturbereich von 750-900 °C schützenden, auf Chrom gestützten, Oxidschicht eine minimale Cr-Konzentration von 25 at.% erforderlich ist. Seitens der Mikrostruktur bewirkt Chrom ein Kornwachstum und ein Umklappen der kontinuierlichen Mo-Mischkristallmatrix hin zu einer intermetallischen Matrix.
Abschließend wurde zur realitätsnahen Abbildung der experimentellen Beobachtungen ein Simulationsmodell zur Beschreibung des Langzeitverhaltens innerer Oxidationsvorgänge in Mo-Si-B-Legierungen auf Basis der realen Mikrostruktur zur Abschätzung der Lebensdauer entwickelt. Das auf der finiten Elemente Methode (FEM) basierende Modell berücksichtigt Diffusionsprozesse mit Phasenumwandlung und ermöglicht die Diskussion wesentlicher Fragestellungen bezüglich der inneren Oxidation. Die Ergebnisse zeigen sehr gute Übereinstimmung mit experimentellen Daten und unterstreichen die hohe Sensitivität der Borsilikatschicht gegenüber Sauerstoffdiffusion in Abhängigkeit der Schichtdicke sowie der B 2 O 3 -Gleichgewichtskonzentration innerhalb der Borsilikatschicht.