Produkte der Mikrosystemtechnik finden sich heute in nahezu allen Anwendungsbereichen von der Automobiltechnik bis hin zur Unterhaltungselektronik. Die große Vielfalt an Anwendungen mit teilweise sehr unterschiedlichen Randbedingungen erfordert auch eine entsprechende Vielfalt an Fertigungstechnologien. Nahezu jedes Mikrosystem benötigt einen speziell auf den jeweiligen Anwendungsbereich zugeschnittenen Fertigungsprozess. Dieser auch als "MEMS-Law" bezeichnete Umstand ist nach aktuellen Marktanalysen auch weiterhin gültig und mitverantwortlich für lange Entwicklungszeiten und hohe Kosten im Mikrosystementwurf. Ohne die Existenz einer gemeinsamen Technologieplattform erscheint die Modularisierung und Wiederverwendung bereits bekannter Fertigungstechnologien als einzig gangbarer Weg.
Aufbauend auf früheren Forschungsarbeiten am Lehrstuhl für Mikrosystementwurf in den Bereichen Datenmanagement und Entwurfsunterstützung, wird in dieser Arbeit ein softwaregestütztes Konzept zum Technologiemanagement vorgestellt, das auf den effizienten Entwurf anwendungsspezifischer Fertigungsprozesse in der Mikrosystemtechnik ausgelegt ist. Das Konzept sieht eine enge Kopplung von Informationsmanagement, Wissensentwicklung und Entwurfsunterstützung vor. Dabei kommt insbesondere eine neue Wissenskategorisierung für den Mikrosystementwurf zum Einsatz, die erstmals das Wissen um Entwurfswerkzeuge als eigenständiges Wissensgebiet behandelt. Die dadurch mögliche Abstraktion der Fertigungstechnik erlaubt z. B. den Einsatz von Technologiesimulation im Entwurfsprozess auch ohne das detailliertes Wissen über das Simulationswerkzeug zu Verfügung steht. Als Anwendungsfälle dienen die virtuelle Fertigung eines Prototypen, die Durchführung virtueller Experimente und die Optimierung von Prozessparametern.
Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, wie im Kontext eines Szenarios aus unabhängigen Systemhäusern und Technologieanbietern eine geeignete Fertigungstechnologie für den Systementwurf ausgewählt und ein darauf aufbauender anwendungsspezifischer Fertigungsprozess entwickelt werden kann. Dazu wird ein neuer visueller Ansatz vorgestellt, der die Auswahl von Fertigungsprozessen auf Basis von Querschnittszeichnungen ermöglicht und anschließend die Synthese eines abstrakten Fertigungsprozesses zu dieser Technologie erlaubt. In Kombination mit dem Technologiemanagementsystem stellt dieser Ansatz einen ersten Schritt zur Unterstützung eines Fabless-Mikrosystementwurfs vor, der explizit die Entwicklung eines anwendungsspezifischen Fertigungsprozesses berücksichtigt.