Diese Arbeit befasst sich mit der Energie-Entropie-konsistenten Simulation eines thermoviskoelastischen Modellproblems und Kontinuums. Beide Systeme werden durch Poissonsche Variablen (Impuls, Konfiguration, Entropie und interne Variable) beschrieben. Durch den Impuls und die Konfiguration als eigenständige Variablen sind die Bewegungsgleichungen als Differentialgleichungen erster Ordnung gegeben. Die thermische Gleichung wird aus dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik hergeleitet. Dabei ist der Wärmefluss durch das Fouriersche Gesetz beschrieben. Die Bewegungsgleichungen und die thermische Evolutionsgleichung werden durch das konstitutive Gesetz der inneren Energie gekoppelt. Zur Beschreibung des viskosen Deformationsverhaltens wird als vierte Gleichung eine viskose Evolutiongleichung eingeführt. Diese Gleichung basiert auf einer deformationswertigen internen Variablen und einem vierstufigen Nachgiebigkeitstensor, der für das Modellproblem auf den eindimensionalen Fall reduziert wird. Die innere Dissipation wird als quadratische Form der viskosen Mandel-Spannung dargestellt.
Die vier Differentialgleichungen erster Ordnung werden durch das weiterentwickelte General Equation for Non-Equilibrium Reversible-Irreversible Coupling (GENERIC) Format in eine Matrix-Vektor Schreibweise umgeformt. Im Weiteren wird dies erweitertes GENERIC Format genannt. Das erweiterte GENERIC Format liefert durch die zugehörigen Degenerationsbedingungen für isolierte Systeme spezielle strukturerhaltende Eigenschaften. Ein isoliertes System ist in diesem Fall definiert als ein adiabtes System, das keine mechanische Arbeit verrichtet. Eigenschaften eines isolierten Systems sind neben einem konstanten Impuls und Drehimpuls, eine konstante Gesamtenergie, eine zunehmende Entropie und eine abfallende Lyapunov-Funktion. Die Lyapunov-Funktion stellt ein weiteres Stabilitätskriterium für thermoviskoelastische Systeme dar.
Neu ist auch das konsistente Einbinden von externen mechanischen und thermischen Lasten. Die externen Lasten stören die zuvor beschriebenen Erhaltungseigenschaften für isolierte Systeme. In diesem Fall werden die zugehörigen Bilanzgleichungen des Systems (Konsistenzeigenschaften) betrachtet.
Die Diskretisierung in der Zeit wird für das Modellproblem und das Kontinuum mit zwei verschiedenen Integratoren durchgeführt. Zum einen wird die Mittelpunktsregel und zum anderen der erweiterte TC (Thermodynamically Consistent) Integrator verwendet. Der erweiterte TC Integrator wird dabei so konstruiert, dass das zugrundeliegende, erweiterte GENERIC Format die algorithmischen Erhaltungseigenschaften nach der zeitlichen Diskretisierung für ein isoliertes System wiedergibt. Für das Kontinuum muss zusätzlich eine räumliche Diskretisierung erfolgen, welche durch die Finite-Elemente-Methode beschrieben wird. Um eine energiekonsistente Diskretisierung zu erhalten, muss für die räumliche Diskretisierung eine Projektion der Testfunktion der thermischen Evolutionsgleichung durchgeführt werden. Weiterhin wird deutlich, dass die Energiekonsistenz lediglich durch den erweiterten TC Integrator gewährleistet werden kann, der eine ausgezeichnete Stabilität bewirkt.
Die externen mechanischen und thermischen Lasten werden durch Festlagerungen, externe mechanische Lasten, thermische Zwangsbedingungen und externe thermische Lasten in das System eingebracht. Um die thermischen Zwangsbedingungen zu erfüllen, wird das Prinzip der Lagrangeschen Multiplikatoren verwendet. Bekannt geworden sind die Lagrangeschen Multiplikatoren durch die Bewegung eines Systems mit Zwangsbedingungen.
Für das Modellproblem wird das erweiterte GENERIC Format nach der Diskretisierung durch einen additiven Term der externen Lasten erweitert. Im Gegensatz dazu beinhaltet das erweiterte GENERIC Format des Kontinuums, welches hier auf die starken Formen angewendet wird, bereits die externen Lasten und liefert die nötigen schwachen Formen zur Lösung des Systems.
Die Konsistenzeigenschaften werden durch ausgewählte Simulationsbeispiele verdeutlicht, die verschiedenen Randbedingungen unterworfen werden.
Da das System von den Poissonschen Variablen nichtlinear abhängig ist, wird die monolithische Lösung mit Hilfe des Newton-Raphson-Verfahrens ermittelt. Hierbei werden zwei Newton-Raphson-Verfahren benötigt. Das eine Verfahren dient der Ermittlung der viskosen internen Variable auf lokaler Ebene bzw. auf Elementebene. Ein weiteres Verfahren wird verwendet, um das Residuum der Bewegungsgleichungen, der thermischen Evolutionsgleichung und gegebenenfalls der Projektionsgleichung auf globaler Ebene zu lösen. Dies wird auch mehrstufiges Newton-Raphson-Verfahren genannt.