Die vorliegende Dissertation basiert auf 18 Monaten ethnologischer Feldforschung bei den Karow im indischen Unionsstaat Meghalaya. Die Karow sind Teil der indigenen tribalen Bevölkerung Indiens. Sie sprechen eine Mon-Khmer-Sprache und gehören zu den Subgruppen der Khasi. Die Arbeit beleuchtet das Verwandtschafts- und Sozialsystem der matrilinear organisierten Karow, wobei die indigene Kategorie des „Hauses“ und die geschlechtssymmetrischen Beziehungen besondere Beachtung finden. Die Analyse der lokalen Verwandtschaftskonzeptionen und das Herausarbeiten der zentralen gesellschaftlichen Werte und Ideen ermöglichen es, die lange verbreitete Annahme zu kritisieren, dass matrilineare Gesellschaften instabil und konfliktdurchdrungen seien. Stattdessen wird aufgezeigt, dass die Werte der Hauseinheit und der Hausharmonie bei den Karow von großer Bedeutung in der Konstruktion von Sozialität sind. Die soziale Organisation wird im direkten Zusammenhang mit den Ritualen betrachtet, durch die die gesellschaftlichen Werte vermittelt werden. Das sozio-rituelle System wird wiederum mit Bezug auf die indigene Kosmologie beschrieben, in die dieses System eingebettet ist. Ein weiterer Schwerpunkt ergibt sich aus der Frage, wie sich die kosmologischen Ideen und die sozio-rituellen Praktiken durch den Einfluss der christlichen Missionierung verändert haben. Analysiert werden die Motive der Konversion, die Verschränkungen lokaler und christlicher Werte sowie der soziale und rituelle Wandel, der durch die Christianisierung ausgelöst wurde. Es wird gezeigt, wie die Indigenisierung der christlichen Religion ein spezifisches Karow-Christentum entstehen lässt, das durch die lokalen Werte und Ideen geprägt ist.