Die vorliegende Arbeit untersucht zum ersten Mal die hereditäre Prosopagnosie, also die genetisch bedingte Unfähigkeit, Menschen allein am Gesicht zu identifizieren, in Brasilien. Der Ermittlung von Betroffenen und der Diagnosestellung dienten Fragebögen und Interviews, die im Insitut für Humangenetik an der Wilhelms-Universität Münster entworfen wurden. Aus einer Gruppe von 501 Menschen im brasilianischen Bundesstaat Maranhão wurden 7 Individuen mit hereditärer Prosopagnosie ermittelt. Daraus ergab sich eine minimale Prävalenz von 1.39%. Keiner der sieben Prosopagnostiker wies signifikante neurologische Komorbidität auf und alle waren sich in unterschiedlichem Ausmass ihrer Gesichtserkennungsschwäche bewusst. In drei von den sieben Fällen konnten Familienangehörige untersucht werden. Das ermittelte Vererbungsmuster weist auf einen autosomal dominanten Erbgang hin.