Die Formalisierung des Rechts ist ein Bestandteil der grundlegenden Strukturprinzipien des modernen demokratischen und sozialen Rechtsstaates. Formalisiertes Regierungshandeln drückt sich in formalisierten Institutionen und insbesondere durch schriftlich fixierte Regeln aus. Staatstechniken (Michel Foucault), gehen jedoch nicht in formalen rechtsstaatlichen Prinzipien auf. In vielen Fällen greifen formale Governancemodi auf informale Herrschaftstechniken zurück, so dass formal legitimierte Institutionen und informelle Netzwerke in einem Verhältnis der Komplementarität stehen. Informales Handeln umfasst alle Operationen, die sich außerhalb rechtlich formalisierter Verfahren befinden, die vom Handelnden anstelle rechtlich geregelter Verhaltensweisen gewählt werden und somit in faktischer Hinsicht eine Alternative zu formalen Handlungen bilden. In gewisser Hinsicht ist jeder (Rechts-) Staat, durch eine »rechtliche Duplizität« gekennzeichnet ist, die schon Ernst Fraenkel als »Doppelstaat« titulierte. Der vorliegende Aufsatz befasst sich auf begrifflicher, theoretischer und komparativer Ebene mit Zusammenhängen zwischen dem formalen und dem informalen Rechtsstaat. Im ersten Teil werden allgemeine Strukturprinzipien der beiden Rechtsformen beschrieben. Im zweiten Teil werden verschiedene Typen informeller Rechtspraktiken beschrieben und aus verschiedenen Blickwinkeln rekonstruiert. Diese Überlegungen werden auf modernisierungstheoretische Fragen bezogen und mit Konzepten der Weltgesellschaftsforschung in Beziehung gesetzt.