Öffentliche Soziologie – so die hier vertretene These – lässt sich als praktische Wendung der Transformation kritischer Theorie verstehen. Wie diese an die Stelle substantieller Kritik eine prozedurale Kritik setzt, so verlagert Burawoy die Begründung von wertenden Stellungnahmen in den öffentlichen Diskurs. Während er sich damit im Hinblick auf die Werturteilsfreiheitsdebatte einerseits auf Webers Seite stellt, weil der Wissenschaft mit ihren ›internen‹ Ressourcen keine hinreichende Begründung wertender Stellungnahmen zukommen kann, widerspricht er Weber gleichwohl an dem Punkt, dass die Bestimmung und Verfolgung politischer Zwecke Teil der Wissenschaft sein soll. Diese Positionierung wird – so wird gezeigt – durch zwei zentrale Defizite des Projekts einer öffentlichen Soziologie möglich: Zum einen dadurch, dass Burawoy über die Grenzen der kritischen Vernunft keine Rechenschaft ablegt. Würde er dies tun, so würde sichtbar, dass der Soziologie über ihr instrumentelles Wissen hinaus keine besondere Qualifikation in ethisch-politischer Hinsicht zukommt. Zweitens wird das Problem des Wertepluralismus durch eine problematische funktionalistische Annahme verdeckt, nämlich dass die öffentliche Soziologie nicht nur spezifische Interessen vertritt, sondern das Interesse des Allgemeinen.