Solange es die fachinterne Auseinandersetzung mit der multiparadigmatischen Verfasstheit der Soziologie gibt, präsentiert sie sich als ein Neben- und auch Gegeneinander von unterschiedlichen Theorien. Dieser Satz ist die metatheoretische Ausführung von Schüleins Einleitungssatz und kann hier als Ausgangsgedanke dienen. In den ersten Abschnitten des Aufsatzes »Multiparadigmatik – eine gefährliche Krankheit?« wird von Schülein eine ähnliche Diagnose gestellt, bevor dann der eigene Zugriff auf das Thema erfolgt und eine theoretische Erklärung der Multiparadigmatik aus der Natur des Gegenstandsbereiches der Soziologie vorgeschlagen wird. Der Ausgangdiagnose ist zustimmen. Es gibt soziologieintern seit langem, der Sache nach vielleicht schon seit der Auseinandersetzung von Durkheim und Tarde zu Beginn des 20. Jahrhunderts, die Diagnose der Multiparadigmatik und eine mitunter hitzig geführte Diskussion um die Bewertung und den richtigen Umgang mit dieser Situation. Ich möchte mich in diesem Kommentar aus wissenschaftsphilosophischer Perspektive mit der Thematik beschäftigen und dabei versuchen einige grundsätzliche Fragen an die derzeitige Diskussion zu stellen, die einen (hoffentlich) erhellenden Beitrag zu eben dieser leisten. Meine Idee ist es hierbei, den überaus dichten und kenntnisreichen Beitrag von Schülein als Sprungbrett für eine Diskussion zu nutzen, die etwas aus der derzeitigen Diskussionslandschaft in der Soziologie herauszoomt.